Die Kölner Silvesternacht: Erneutes Versagen der Sicherheitsbehörden

Nach den Silvester Übergriffen 2015 in Köln und dem damit einhergehenden Versagen der Sicherheitsbehörden hat die Stadt dieses Mal mit einem massiven Polizeiaufgebot reagiert. Dabei kam es offenbar massenhaft zu Racial profiling. Die Behörden dementieren das, wenn auch wenig glaubwürdig.

 

Nach den Silvester Übergriffen 2015 in Köln und dem damit einhergehenden Versagen der Sicherheitsbehörden hat die Stadt dieses Mal mit einem massiven Polizeiaufgebot reagiert. Dabei kam es offenbar massenhaft zu Racial profiling. Die Behörden dementieren das, wenn auch wenig glaubwürdig.

Von Franziska Wilke, Julian Feller und Marko Neumann

Nachdem die Kölner Sicherheitsbehörden in der Silvesternacht vor einem Jahr versagt und zahlreiche Frauen sexualisierte Übergriffe und Diebstähle gemeldet hatten, zeigte der Staat bei diesem Jahreswechsel nun, dass er hart durchgreifen kann. Allein in der Domstadt wurden in der Nacht zum Sonntag mehrere hundert Männer kontrolliert. In einer Pressekonferenz noch in der Nacht sprach die Polizei von 1.700 Identitätsfeststellungen und 900 Platzverweisen. 29 Personen wurden demnach in Gewahrsam genommen, sechs festgenommen. Außerdem wurden zwei sexualisierte Übergriffe gemeldet, wobei in einem Fall ein Tatverdächtiger festgenommen werden konnte. [1]

Stadt und Polizei in Köln hatten sich penibel auf den Silvesterabend vorbereitet. Absperrgitter, zusätzliche Videokameras und Straßensperren zeugten davon. Journalisten aus der ganzen Welt waren in diesem Jahr gekommen und wollten sehen, ob sich die sexualisierten Übergriffe aus dem vergangenen Jahr wiederholen. Rund um den Dom richtete die Stadt in diesem Jahr eine böllerfreie Zone ein. Wer diese betreten wollte, wurde kontrolliert. Der Dom und sein Umfeld wurden von einem Lichtkünstler in bunte Farben gehüllt. Auf einer Bühne gab es ein Musikprogramm. [2]

Der Polizeipräsident verwahrte sich gegen den Vorwurf des „racial profiling“, womit ein gezieltes polizeiliches Vorgehen nach ethnischen Gesichtspunkten bezeichnet wird. Es sei um das Verhalten dieser Männer gegangen, betonte er. Im Übrigen seien genauso auch Deutsche überprüft worden.[3]

Auf Twitter hatte die Behörde in der Nacht gemeldet: „Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen.“ [4] Dies ist eine bei der Polizei gebräuchliche Abkürzung für „Nordafrikanische Straftäter“ oder „Nordafrikanische Intensivstraftäter“. [5]

Um das sogenannte racial profiling, also die Kontrolle von Personen lediglich aufgrund äußerer Merkmale wie der Hautfarbe, besonders effizient einsetzen zu können, sperrte die Kölner Polizei Türen vom Hauptbahnhof auf die Domplatte und selektierte, wer welchen verbliebenen Ausgang benutzen durfte. »Ein einzelner Araber, oder jemand, der so aussieht? Nach rechts. Ein Blonder ohne Mütze? Nach links«, beschrieb ein Journalist auf der Internetseite von ntv, wie die Männer innerhalb von Sekunden sortiert wurden. Hinter der Tür für diejenigen, die als Migranten kategorisiert wurden, wartete ein Polizeikessel, in dem die Wartenden kontrolliert wurden. Wer sich nicht ausweisen konnte, durfte nicht in die Stadt, sondern wurde wieder zurück zum Zug geschickt. [6]

Festhalten und kontrollieren sind zwar keine Strafen, aber sie wirken wie Strafen, weil die Betroffenen nicht wie alle anderen ausgelassen Silvester feiern konnten, sondern wie Kriminelle behandelt wurden. Racial Profiling diskriminiert und spaltet die Gesellschaft, und gleichzeitig besteht die Gefahr, dass weiße Täter eher übersehen werden. [7]

Racial profiling widerspricht Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes, nach der niemand unter anderem wegen »seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens« diskriminiert werden darf, sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention und internationalen Menschenrechtsverträgen. Die Landespolizei aus NRW muss trotzdem kaum Konsequenzen fürchten, wenn sie dieses verbreitete Instrument einerseits offen und flächendeckend einsetzt und sich dessen in Onlinenetzwerken sogar noch rühmt. [8]

Am frühen Morgen um zwei Uhr zog die Kölner Polizei ein erstes Fazit. Ein Polizeisprecher bezeichnete die Maßnahmen als effektiv und sinnvoll. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärte, man habe die Sicherheitslage richtig eingeschätzt. Mit der Lichtinstallation und den Chören habe Köln ein positives Bild von der Stadt gezeichnet, freut sich das Stadtoberhaupt. Die jungen Männer, die nach der Hautfarbe ausgewählt und mit polizeilichen Maßnahmen überzogen wurden, dürften das anders sehen. [9]

Fußnoten:

[1] http://www.jungewelt.de/2017/01-02/007.php

[2] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1037154.rassistische-grosskontrollen-zum-jahreswechsel.html

[3] http://www.n-tv.de/politik/Koelner-Polizei-verteidigt-konsequentes-Einschreiten-article19447571.html

[4] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/silvester-kontrollen-in-koeln-was-bitteschoen-ist-ein-nafri-a-1128172.html

[5] https://www.tagesschau.de/inland/silvesterfeiern-deutschland-101.html

[6] http://www.jungewelt.de/2017/01-02/007.php

[7] http://www.taz.de/Kommentar-Racial-Profiling-in-Koeln/!5367094/

[8] http://www.jungewelt.de/2017/01-02/007.php

[9] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1037154.rassistische-grosskontrollen-zum-jahreswechsel.html