2016 weit mehr Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte als offiziell bekannt

 

Das Bundeskriminalamt zählt 70 Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten. Recherchen der „tageszeitung“ ergeben jedoch eine viel größere Zahl von Anschlägen. Ein möglicher Grund für die Differenz: lokale Behörden könnten selbst von rechten Strukturen durchzogen sein.

Von Franziska Wilke und Julian Feller

Im vergangenen Jahr hat es nach Recherchen der »tageszeitung« weit mehr mutmaßliche Fälle von Brandstiftung auf Flüchtlingsunterkünfte gegeben als offiziell gemeldet. Unter Berufung auf eigene Recherchen berichtete das Blatt am Dienstag, 2016 seien 142 mutmaßliche Brandstiftungen auf Flüchtlingsunterkünfte verübt worden. Dabei seien 125 Menschen verletzt worden, meist durch Rauchgasvergiftungen. Das Bundeskriminalamt nennt dagegen 66 Brand- und vier Sprengstoffanschläge für das abgelaufene Jahr. Diese Zahlen beruhen auf Meldungen der Landespolizeibehörden. [1]

Problematisch daran ist auch, dass lokale Behörden selbst von rechten Strukturen durchzogen sein können und deshalb Fälle nicht ordnungsgemäß bearbeitet werden oder die Ermittlungen der Polizei schlicht in eine falsche Richtung laufen und so Brandstiftung als Ursache ausgeschlossen wird oder die Bewohner*innen fälschlicherweise bezichtigt werden. [2]

Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke spricht von einer „zunehmenden Verrohung der Gesellschaft“. „Die Saat von Pegida und AfD geht weiter auf.“ Die Situation sei „brandgefährlich“. Auch die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic fordert „dringend griffige Sicherheitskonzepte“. Es brauche Risikoanalysen, wo die Gefahr besonders hoch sei. „Dort müsste der Schutz solcher Einrichtungen verstärkt werden.“ [3]

Fußnoten:

[1] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1037334.mehr-brandstiftungen-auf-asylheime-als-offiziell-gemeldet.html

[2] http://www.taz.de/Anschlaege-auf-Unterkuenfte-2016/!5367296/

[3] http://www.taz.de/Ermittlungen-zu-Brandanschlaegen/!5370025/