„Alternative für Deutschland“ stellt ersten Programmentwurf zur Bundestagswahl vor

Die AfD versucht in ihrem aktuellen Programmentwurf zur kommenden Bundestagswahl erneut mit Hetze gegen Muslime zu punkten. Auf anderen Themenfeldern, wie der Rentenpolitik, sieht die AfD dagegen blass aus.

 

Die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) hat ihren ersten Programmentwurf für die im September anstehenden Bundestagswahlen veröffentlicht. Viel Neues findet sich in dem Text, der erst noch von einem Parteitag bestätigt werden muss, nicht. Neben der Ausgrenzung von Muslimen will die AfD das Grundgesetz ändern. Bei den meisten Themen sieht die Partei jedoch blass aus, zum Beispiel bei der Rentenpolitik.

Von Franziska Wilke, Julian Feller und Marko Neumann

Die AfD will Deutschland so weit wie möglich gegen Menschen und Ideen aus anderen Kulturen abschotten. Das geht aus einem Entwurf für das Programm hervor, mit dem die Partei in den Bundestagswahlkampf gehen will. [1]

Darin fordert die AfD für Asylbewerber eine «Minuszuwanderung von über 200 000 Personen pro Jahr». Der Familiennachzug für Flüchtlinge soll abgeschafft werden. Die 2013 gegründete Partei, die in 10 von 16 deutschen Länderparlamenten sitzt, spricht sich für ein generelles Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst aus. In Bildungseinrichtungen müssten nicht nur alle Lehrerinnen, sondern auch die Schülerinnen ohne Kopftuch erscheinen. [2]

Gleich in ihrem ersten Programmpunkt zeichnet die AfD ein düsteres Bild: „Wiederherstellung der Demokratie in Deutschland“, heißt es da. Die Bundesrepublik ist nach Ansicht der Partei also keine Demokratie mehr, sondern wird „von einer kleinen machtvollen politischen Oligarchie“ regiert. [3]

Masseneinwanderung“ als Dauerthema bei der AfD

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages sollte zudem die Verantwortlichen für die „ab September 2015 geduldete Massenzuwanderung“ zur Rechenschaft ziehen. Seine Partei fordere außerdem“die umgehende Schließung der Grenzen, um die wilde Massenimmigration zu beenden“, sagte der Vorsitzende der Programmkommission, Albrecht Glaser. AfD-Chefin Frauke Petry sagte: „Wir fordern die Ausbürgerung krimineller Migranten“, und zwar auch wenn der Betroffene dadurch staatenlos werden sollte. [4]

Dazu müsste Artikel 16 des Grundgesetzes geändert werden, nach dem die deutsche Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden darf, wenn Staatenlosigkeit die Folge ist. Eine genaue Definition, welche Migranten von einer Ausbürgerung betroffen sein sollten, nannte die Parteispitze nicht. Dem Programmentwurf zufolge soll ausgebürgert werden „bei erheblicher Kriminalität innerhalb von zehn Jahren nach erfolgter Einbürgerung“, bei Mitwirkung in Terrororganisationen und bei Zugehörigkeit zu kriminellen Clans. [5]

Ahnungslosigkeit bei Renten- und Energiepolitik

So klar, wie die AfD zur Flüchtlingsthematik Stellung bezieht, so unklar bleibt deren Parteispitze bei der Rentenfrage. Zwar soll die Kinder-Erziehung einen Bonus bei der Rente geben. Eine Rentenzahlung ab einem bestimmten Alter kommt für die Partei jedoch nicht in Frage. Stattdessen sollen Rentenzahlungen nach einer bestimmten Anzahl Arbeitsjahren erfolgen. [6]

Eine radikale Kehrtwende will die AfD in der Energiepolitik. Sie möchte den geplanten Ausstieg aus der Atomkraft stoppen. Wie US-Präsident Donald Trump, so hält auch die Mehrheit der AfD-Mitglieder den menschgemachten Klimawandel für nicht bewiesen. Den deutschen Klimaschutzplan 2050 und das Pariser Klimaabkommen würde die AfD, wenn sie an der Regierung beteiligt wäre, kündigen. [7]

Politikwissenschaftler äußern Kritik an Entwurf

Werner Patzelt, Politikwissenschaftler an der TU Dresden, bezeichnet das Programm gegenüber FOCUS Online als einen „umfangreichen, politisch reichlich undurchdachten Versuch“, die Werte der Demokratie in Deutschland zu verändern. Der Entwurf enthalte mit bekannten Forderungen wie einer Direktwahl des Bundespräsidenten und der „Verhinderung des Islams“ zur Wahrung nationalen Identität für AfD-Verhältnisse „nichts sonderlich Umwerfendes“, sagte Patzelt. [8]

Zudem bliebe die AfD Erklärungen schuldig, wie sie einzelne Punkte umsetzen wolle. Was das Kopftuchverbot für Schüler betreffe, habe zum Beispiel die Debatte in Frankreich gezeigt, dass dies „politisch überhaupt nicht durchsetzbar ist“. [9]

In den Entwurf sind die Ergebnisse einer Umfrage unter den Mitgliedern der AfD eingeflossen. Allerdings hatten sich an der Umfrage nur rund 27 Prozent der mehr als 23 000 angeschriebenen Mitglieder beteiligt. Diskutiert und verabschiedet werden soll das Wahlprogramm bei einem Delegiertenparteitag am 22. April in Köln. [10]

Fußnoten:

[1] http://www.mt.de/weltnews/nachrichten/letzte_meldungen/21715194_AfD-Wahlprogramm-mit-Minuszuwanderung-und-Kopftuchverbot.html

[2] https://www.nzz.ch/international/europa/afd-wahlprogramm-weniger-zuwanderung-und-ein-kopftuchverbot-ld.150241

[3] http://www.br.de/nachrichten/afd-programm-bundestagswahl-100.html

[4] http://www.sueddeutsche.de/news/politik/parteien-afd-wahlkampfprogramm-ausbuergerungen-und-kopftuchverbot-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170309-99-594385

[5] https://www.welt.de/newsticker/news1/article162704687/AfD-will-kriminelle-Migranten-auch-in-die-Staatenlosigkeit-ausbuergern.html

[6] https://www.tag24.de/nachrichten/berlin-afd-wahlprogramm-zuwanderung-kopftuch-verbot-bundestagswahl-fluechtlinge-asylbewerber-rente-226376

[7] http://www.sueddeutsche.de/news/politik/parteien-afd-wahlkampfprogramm-ausbuergerungen-und-kopftuchverbot-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170309-99-594385

[8] http://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl-fluechtlingsbegrenzung-und-kopftuchverbot-harsche-kritik-an-afd-wahlprogramm_id_6761882.html

[9] http://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl-fluechtlingsbegrenzung-und-kopftuchverbot-harsche-kritik-an-afd-wahlprogramm_id_6761882.html

[10] http://www.rp-online.de/politik/deutschland/wahlprogramm-2017-zur-bundestagswahl-afd-stellt-ihren-entwurf-vor-aid-1.6677464