Bürgermeister, Bundestag und Traditionsschiff: So hat Mecklenburg-Vorpommern gewählt

Nein zur AfD! Weder in Landtagen noch im Bundestag brauchen wir Rassist*innen.

Der 19. deutsche Bundestag wurde gewählt und erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg sitzt auch eine Rechtsaußen-Partei im Reichstag. Der neuen AfD-Fraktion gehören viele Vertreter*innen des völkischen Flügels der Partei an. Während die Regierungsparteien CDU und SPD an Stimmen verloren hat, konnten die kleineren Parteien Zuwächse verbuchen. Die AfD wird in M-V zweitstärkste Kraft. Neben den Bundestagswahlen wurden in einigen Orten auch Bürgermeister neu gewählt. In Rostock wurde über die Verlegung des Traditionsschiffes abgestimmt. Alle Zahlen und Fakten im Überblick.

Von Janin Krude und Marko Neumann

Die „Volksparteien“ verlieren

Die beiden Koalitionsparteien CDU und SPD mussten sowohl auf Bundesebene wie in Mecklenburg-Vorpommern herbe Verluste hinnehmen. Das Zweitstimmenergebnis der CDU liegt mit etwa 33 Prozent im Bundesdurchschnitt. Trotz Verlusten auch bei den Erststimmen konnten die Christdemokrat*innen alle Direktmandate gewinnen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zog erneut direkt in den Bundestag ein. Besonders Angestellte, Beamte und Selbstständige machten ihr Kreuz bei der CDU, dabei stechen wiederum ältere Wähler*innenschichten hervor.

Anders als bei der CDU lag die Landes-SPD noch unter dem bundesweiten historischen Tiefergebnis von 20,5 Prozent. Gerade einmal 15,1 Prozent der Zweitstimmen konnten die Sozialdemokrat*innen auf sich vereinigen. Wie bei der CDU wählten überdurchschnittlich viele ältere Menschen die SPD. Besonders Arbeiter*innen und Angestellte machten ihr Kreuz bei den Sozialdemokrat*innen.

Bündnisgrüne, FDP und LINKE legen zu

Zugewinne bei den vergangenen Wahlen konnten die kleineren Parteien verbuchen. Nachdem die FDP vor vier Jahren aus dem Bundestag flog, zieht sie nun mit über 10 Prozent wieder in den Reichstag ein und könnte gemeinsam mit der CDU und den Grünen an der nächsten Regierungskoalition beteiligt sein. Besonders jüngere Menschen wählten die Liberalen. Mit 6,2 Prozent der Zweitstimmen liegt die Nordost-FDP unter dem Bundesdurchschnitt, konnte aber auch hier Gewinne verzeichnen.

Auch die Grünen konnten bundesweit überraschend dazu gewinnen, dennoch bilden sie mit 8,9 Prozent die kleinste Fraktion. Das Wähler*innenklientel der Grünen ist dem der FDP sehr ähnlich. Junge Menschen und Berufsgruppen mit höherem Einkommen machten bei den Grünen ihr Kreuz. In Mecklenburg-Vorpommern spielen sie jedoch fast keine Rolle, gerade einmal 4,3 Prozent entfielen auf sie.

DIE LINKE konnte ebenfalls an Stimmen zulegen. Während die Stimmenanteile in den westlichen Bundesländern stiegen, verlor die Partei im Osten jedoch. Die Linken konnten aus allen Alterskohorten Stimmen ziehen. Zwar liegen die Linken mit 17,8 Prozent in M-V deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 9,2 Prozent, dennoch verlor die Partei prozentual im Nordosten an Stimmen im Vergleich zur Bundestagswahl 2013. Dabei wählen Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen häufiger die Partei, als Menschen mit Mittlerer Reife oder einem niedrigen Schulabschluss. Auffällig ist der höhere Zuspruch bei den unter 30 Jährigen.

AfD: Die neue Rechtsaußen-Partei im Bundestag

Die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist in M-V zweitstärkste Kraft geworden. Mit 18,6 Prozent konnte die AfD hier eines der bundesweit besten Wahlergebnisse einfahren. Wenig erstaunlich ist dabei der geringe Anteil an weiblichen Wähler*innen. Ein nicht unerheblicher Teil der AfD-Wähler*innenschaft sind Menschen mit Hauptschulabschluss oder Mittlerer Reife. Gleichzeitig machen viele Selbstständige und Beamte ihr Kreuz bei der AfD. 30 bis 59 Jährige wählten dabei besonders oft die Rechtsaußen-Partei.

Besonders stark schnitt die AfD in M-V auf Usedom ab. Bis zu 41,1 Prozent wählten hier die AfD. Schon bei der vergangenen Landtagswahl entpuppte sich diese Region als besonders AfD-anfällig.

Etwa eine Million Wähler*innen zog die AfD von der CDU bundesweit ab. Eine weitere Million kam aus dem Nichtwähler*innenbereich. Von Grünen, LINKE und FDP zogen die Rechtspopulist*innen nur geringfügig Stimmen ab.

Der Verlierer im rechten Lager: die NPD

Die Talfahrt der NPD geht weit. In M-V erhielten die Neofaschist*innen nur 1,1 Prozent der Zweitstimmen und 0,9 Prozent der Erststimmen. Die Direktkandidat*innen bestanden hauptsächlich aus Mitgliedern der ehemaligen Landtagsfraktion, die die NPD bei den vergangenen Landtagswahlen verlor.

Bundesweit kam die NPD auf gerade einmal 0,4 Prozent und verfehlte damit ihr Ziel knapp, mindestens 0,5 Prozent der Stimmen auf sich zu vereinigen, um in den Genuß von Wahlkampfmittel Rückerstattungen zu kommen. Für die ohnehin klamme Partei dürfte das Ergebnis der Bundestagswahl ein weitere Schlag sein.

Bürgermeisterwahlen & Bürgerentscheid in Rostock

Zeitgleich mit den Bundestagswahlen wurden in M-V in mehreren Orten Bürgermeister gewählt. In Rostock wurde ein Bürger*innenentscheid über die Verlegung des Traditionsschiffes von Rostock-Schmarl in den Stadthafen durchgeführt.

In Güstrow, Kühlungsborn, Rostock-Laage sowie Neukloster und in der Feldberger Seenlandschaft wurden neue Bürgermeister gewählt bzw die Kandidat*innen für die Stichwahlen ermittelt. Überraschendes kam dabei nicht zu Tage. In Kühlungsborn gibt es eine Stichwahl zwischen den Einzelbewerbern Rüdiger Kozian und Peter Menzel entscheiden. Auch in Laage wird es zu einer Stichwahl kommen. In vierzehn Tagen wird hier erneut abgestimmt zwischen Kathrin Röwert (CDU) und Holger Anders (FDP). In Güstrow, Neukloster und der Feldberger Seenlandschaft gelang es jeweils den Amtsinhaber*innen, ihre Posten zu verteidigen.

In der Abstimmung über die Verlegung des Traditionsschiffes in Rostock hat eine deutliche Mehrheit für den Verbleib im nordwestlichen Stadtteil Schmarl und gegen die Verbringung in den Rostocker Stadthafen votiert. Der Stadt bleiben damit Millionen Euro an Transport- und Umbaukosten des Schiffes erspart. Gleichzeitig wird der IGA-Park im Nordwesten nun weiterentwickelt werden.

Fazit: Starke Rechte- und schwache Mitte-Links-Parteien

Trotz der Abwanderung vieler Wähler*innen von der CDU zur AfD gewannen die Christdemokraten erneut alle Direktmandate in M-V. Dass die AfD anders als bei den Landtagswahlen vergangenes Jahr keine Direktmandate erringen konnte, ist nur ein schwacher Trost, denn die Mitte-Links-Parteien im Nordosten sind weiter stark geschwächt. Während die Grünen nicht einmal die Fünf-Prozent-Hürde überwunden haben, sackte die SPD erneut ab. Auch DIE LINKE musste Stimmenverluste hinnehmen. Gleichzeitig ist die AfD hier überdurchschnittlich stark. Das in den Bundestag auch gemäßigte AfDler wie Leif-Erik Holm – der aktuell für die AfD im Landtag sitzt – in den Bundestag ziehen bedeutet für Mecklenburg-Vorpommern, dass die Anhänger des völkischen Flügels nun die Landtagsfraktion noch stärker dominieren werden.

Weiterführende Links:

http://www.ndr.de/nachrichten/bundestagswahl_2017/Deutliche-Verluste-fuer-SPD-und-CDU-in-MV,btwmv102.html

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/nordmagazin/Merkel-gewinnt-ihren-Wahlkreis,nordmagazin45626.html

https://www.ndr.de/nachrichten/bundestagswahl_2017/Ergebnisse-der-Bundestagswahl-2017,bundestagswahlapp100.html

http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/afd-in-mv-nach-bundestagswahl-wesentlich-staerker-als-im-bund-2429947309.html

https://wahltool.zdf.de/wahlergebnisse/2017-09-24-BT-DE.html?i=01

http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Bundestagswahl-Usedom-Hochburg-der-AfD-,usedom352.html

http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/bundestag.htm

https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Drei-Buergermeister-bestaetigt-zwei-Stichwahlen,buergermeister366.html

https://www.svz.de/lokales/rostock/traditionsschiff-bleibt-in-schmarl-id17917166.html