„Dann stellen wir sie alle an die Wand“ – Nach geleakten Chat-Protokollen: Holger Arppe verlässt die AfD

Demonstration gegen die rechtspopulistische Altenative für Deutschland (AfD).

Geleakte Chatprotokolle des ehemaligen AfD-Landtagsabgeordneten Holger Arppe offenbaren eine Welt der Sex- und Gewaltfantasien. Darüber hinaus deuten die Chats auf Verbindungen zu einem Bürgerschaftsmitglied, der mit einem mutmaßlichen rechtsterroristischen Netzwerk in M-V beteiligt sein könnte, hin. Nach Recherchen und Veröffentlichungen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und der tageszeitung trat Arppe aus der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ aus. Sein Landtagsmandat will er aber als fraktionsloser Abgeordneter behalten.

Von Franziska Wilke, Julian Feller und Marko Neumann

Holger Arppe, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, tritt aus Fraktion und Partei aus. Kurz vor einer geplanten Berichterstattung des NDR über rassistische und gewaltverherrlichende Chats des AfD-Politikers zieht Arppe damit offenbar die Konsequenzen. In den Chats hatte der Landtagsabgeordnete und ehemalige Landesvorsitzende der AfD dem politischen Gegner Gewalt angedroht. [1]

Die Chat-Protokolle waren nach Angaben des NDR dem Sender anonym zugespielt worden und liegen auch der Berliner „Tageszeitung“ („taz“) vor. Es soll sich um Kopien von Arppes privaten Facebook-Nachrichten aus den Jahren 2011 bis 2017 im Umfang von rund 12.000 Seiten handeln. [2]

Am Dienstagmittag wurde Arppe mit den in seinem Namen verfassten Äußerungen zu Parteikollegen, politischen Gegnern und außerparlamentarischen Bündnispartnern konfrontiert. Er war gebeten worden, sich bis Mittwoch mit einer Stellungnahme zu melden oder gegebenenfalls darzulegen, dass es sich um Fälschungen oder falsche Zuschreibungen handele. Weder gegenüber dem NDR, noch der taz äußerte sich Arppe. [3]

Unter anderem soll Arppe angeblich geschrieben haben: „Wir müssen ganz friedlich und überlegt vorgehen, uns gegebenenfalls anpassen und dem Gegner Honig ums Maul schmieren, aber wenn wir endlich soweit sind, dann stellen wir sie alle an die Wand.“ Auch soll er nach einem Besuch beim Rostocker Rechtsanwalt Jan-Hendrik Hammer, dessen Räumlichkeiten Anfang der Woche wegen Terror-Verdachts durchsucht worden waren, über diesen geschrieben haben: „Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.“ [4]

Chats legen Verbindungen zu mutmaßlichem rechtsterroristischen Netzwerk in M-V nahe

In den Chat einer Facebook-Gruppe äußert Arppe sich wohl auch zum Fall des damaligen FDP-Kommunalpolitikers Jan Jendrik H. Am vergangenen Montag hatten Beamte der Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei das Haus des Rostocker Kommunalpolitikers und Rechtsanwalts durchsucht. [5]

Eintragungen in einem Face­book-Chat des AfD-Politikers Holger Arppe, bis zu seinem Rücktritt ebenfalls in der Bürgerschaft, deuten nun darauf hin, dass die Bundesanwaltschaft richtig liegt. In dem Chat, dessen Verlauf der taz und dem NDR vorliegt, berichtet Arp­pe von einem Grillabend bei einem Freund und Kollegen von der FDP. Die Nähe zwischen Arppe und Hammer ist in Rostock bekannt. [6]

Der NDR zitiert Arppe aus dem Chat-Protokoll von 2015 mit den Worten: „Typ würde perfekt in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.“ [7]

Auch laut Bundesanwaltschaft erwarteten die Beschuldigten durch die „verfehlte Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik“ eine Verarmung der Haushalte sowie Anschläge bis hin zum staatlichem Zusammenbruch. Dafür hätten sie sich mit Lebensmitteln und Munition für ihre bereits legal beschafften Waffen eingedeckt. In der Krise, so die Ermittler, würden die Beschuldigten die Chance sehen, „Vertreter des politisch linken Spektrums festzusetzen und mit ihren Waffen zu töten“. [8]

So´n schönes zehnjähriges Poloch ist sicher schön eng…“ Chats dokumentieren krasse Sex- und Gewaltfantasien

Im Chat schwärmt er am 13. Oktober 2011, dass man „auf so’ner Springburg (…) schön ficken“ kann. „Hunderte Kinder und deren Familien stehen um die Hüpfburg herum und gucken“ schreibt er. Und weiter: „Dann wollen die Kinder alle mitspielen. So´n schönes zehnjähriges Poloch ist sicher schön eng…“ [9]

Am 16. Februar 2012 schreibt er: „Dann besaufen wir uns hemmungslos und pissen alles voll. Anschließend laden wir uns einen Stricher ein, vergewaltigen ihn und essen danach seine Leiche auf“. [10]

Auch zu anderen Parteien äußert sich Arppe nach taz-Recherchen: „Da muss man einfach ausrasten und erstmal das ganze rotgrüne Geschmeiß aufs Schafott schicken. Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte kracht!“ schreibt er am 11. August 2015 und schiebt nach: „Wir müssen ganz friedlich und überlegt vorgehen, uns ggf. anpassen und dem Gegner Honig ums Maul schmieren aber wenn wir endlich soweit sind, dann stellen wir sie alle an die Wand. (…) Grube ausheben, alle rein und Löschkalk oben rauf“. [11]

Leif-Erik Holm erleichtert über Arppes Austritt

„Ich bin wirklich sehr erleichtert, dass Holger Arppe den einzigen richtigen Schritt getan hat und Fraktion und Partei heute Mittag verlassen hat“, kommentierte AfD-Fraktionschef Leif-Erik Holm der Rücktritt. „Es hat uns zutiefst schockiert, was wir in diesen Chatprotokollen lesen konnten. Das heißt, sie liegen uns zwar nicht direkt vor, aber das, was wir vorgelegt bekommen haben ist wirklich haarsträubend bis ekelerregend“, so Holm weiter. [12]

Arppe, der dem rechtsnationalen AfD-Flügel zugerechnet wurde, hatte in der Vergangenheit mit öffentlichen Äußerungen mehrfach Kritik auf sich gezogen. 2015 wurde er vom Amtsgericht Rostock in erster Instanz wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. [13]

Im Mai 2015 wurde Arppe bereits wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Amtsgericht Rostock sah es als erwiesen an, dass sich der 44-Jährige unter Pseudonym im Kommentarbereich des Internetportals Politically Incorrectverächtlich über Muslime geäußert hatte. Gegen das Urteil legte Arppe Berufung ein. [14]

Fußnoten:

[1] https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/AfD-Fraktionsvize-in-MV-verlaesst-Partei,afd1208.html

[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article168196263/AfD-Politiker-verlaesst-Partei-wegen-brisanter-Facebook-Chats.html

[3] http://taz.de/Nach-Konfrontation-mit-Chat-Protokollen/!5444014/

[4] http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/holger-arppe-tritt-aus-partei-und-fraktion-aus-3129726308.html

[5] http://taz.de/Ruecktritt-nach-taz/NDR-Enthuellungen/!5444012/

[6] http://taz.de/Brisanter-Chat-unter-Rechten/!5443989/

[7] https://www.welt.de/politik/deutschland/article168196263/AfD-Politiker-verlaesst-Partei-wegen-brisanter-Facebook-Chats.html

[8] http://taz.de/Brisanter-Chat-unter-Rechten/!5443989/

[9] http://taz.de/Ruecktritt-nach-taz/NDR-Enthuellungen/!5444012/

[10] http://taz.de/Ruecktritt-nach-taz/NDR-Enthuellungen/!5444012/

[11] http://taz.de/Ruecktritt-nach-taz/NDR-Enthuellungen/!5444012/

[12] http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/holger-arppe-tritt-aus-partei-und-fraktion-aus-3129726308.html

[13] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-08/mecklenburg-vorpommern-afd-holger-arppe-chat-gewaltverherrlichung-partei-ruecktritt

[14] http://taz.de/Nach-Konfrontation-mit-Chat-Protokollen/!5444014/