Drei Jahre Pegida in Dresden: Sachsens rechte Sekte

Seit drei Jahren marschiert die rechtsextreme Gruppierung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) durch Dresden. Und obwohl die Teilnehmer*innenzahlen der Aufmärsche stark zurückgegangen sind, erfüllt Pegida eine wichtige Scharnierfunktion zu einer anderen Rechtsaußen Organisation – der AfD.

Von Franziska Wilke und Julian Feller

Seit drei Jahren marschiert Pegida durch Dresden und warnt vor einer „Islamisierung des Abendlandes“; der erste Marsch fand am 20. Oktober 2014 statt. Allerdings hat mit der Zeit die Zahl der Unterstützer deutlich abgenommen: Waren es früher bis zu 20.000 Menschen, gingen zuletzt nur noch 1500 bis 2000 auf die Straße. [1]

Drei Jahre, das sind ungefähr 150 Montage. 150 Montage, an denen mal hunderte, mal tausende Menschen ihre Parolen durch die Gassen brüllen. Sie wollen die Grenzen schließen, die „Asylanten“ rausschmeißen und die „Lügenpresse“ am besten gleich ganz abschaffen. Manchmal haben sie auch gleich einen Galgen für die so verhassten Politiker dabei. [2]

Pegida demonstriert zum Dreijährigen den Schulterschluss mit der Partei offen wie nie zuvor. Zwar gab es auch früher schon gemeinsame Auftritte etwa mit Thüringens Landeschef Björn Höcke. In Sachsen aber hielt Landeschefin Frauke Petry ihre Partei auf Abstand zu Bachmanns Trupp. Jetzt ist sie ausgetreten, und Pegida inszeniert sich umgehend als außerparlamentarischer Arm der AfD. Als Kubitschek die 94 AfD-Mandate im Bundestag als „eine Macht“ bezeichnet und aufwiegelnd ruft: „Das Spiel kann beginnen!“, skandiert die Masse: „AfD! AfD!“ Maier ruft die Demonstranten auf, Mitglied der Partei zu werden. Und Bachmann gibt sich zuversichtlich, dass „wir 2019“, also nach der Landtagswahlen in Sachsen, „den ersten blauen Ministerpräsidenten stellen“. [3]

Lutz Bachmann, Initiator von des rechten Bündnisses, hatte am Samstag zeitweise Schwierigkeiten, sich Gehör zu verschaffen, weil die Tonanlage streikte. Inhaltlich gab es nichts Überraschendes. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier nahm an der Kundgebung teil, auf einem Flugblatt dankte er für die Wahlkampfunterstützung. Jürgen Elsässer, Dauergast bei Pegida, phantasierte von einem sächsischen Innenminister Lutz Bachmann nach der nächsten Landtagswahl. Ansonsten gab es das übliche Gehetze gegen Geflüchtete und Muslime. [4]

Internationale Schlagzeilen produziert Pegida längst nicht mehr; mehrere tausend Teilnehmer aber bringt man noch immer regelmäßig zusammen. Der rechte Publizist Michael Stürzenberger spricht denn auch von der „am längsten durchgehend agierenden Bewegung in der deutschen Geschichte“. Frank Richter, der als Ex-Chef der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung viel Kritik einstecken musste, als er Bachmann und Oertel Anfang 2015 ein Podium für eine Pressekonferenz gab, zieht ein anderes Fazit. Pegida ähnele heute einer Sekte: Man pflege feste Rituale, habe ein geschlossenes Weltbild und sei Argumenten nicht zugänglich. [5]

Gegner von Pegida zogen unterdessen nach Teilnehmerangaben vom Dresdner Postplatz und weiteren Orten aus durch die Innenstadt. Vorher fand ein Friedensgebet in der Unterkirche der Dresdner Frauenkirche statt. Das Bündnis „Herz statt Hetze“ hatte zu dem Zug unter dem Motto „Für ein Dresden ohne Rassismus“ aufgerufen. An der gemeinsamen Schlusskundgebung auf dem Neumarkt nahmen etwa 3500 Demonstranten teil, wie der MDR Sachsen unter Berufung auf die Polizei berichtete. [6]

Rita Kunert, Sprecherin von „Herz statt Hetze“, resümierte gegenüber junge Welt: „Wir haben ein breites Spektrum dazu bewegen können, sich zu engagieren, und waren auch inhaltlich breit aufgestellt.“ Bei insgesamt fünf Aktionen wurde das Thema Rassismus aus verschiedenen Blickwinkeln aufgegriffen: So trugen Künstler ihren Unmut gegen Pegida genauso vor wie die „Undogmatische Radikale Antifa“ (URA) und „Dresden nazifrei“. [7]

Die Polizei berichtete von der Einleitung einiger Strafverfahren. Unter anderem werde der Beitrag eines Redners auf der Pegida-Versammlung auf „strafrechtliche Relevanz“ geprüft. Ein Pegida-Demonstrant mit einem Hakenkreuz und ein Gegendemonstrant mit einer „KPD“-Fahne müssten sich zudem wegen „des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ verantworten. Gegen einen 49 Jahre alten Pegida-Teilnehmer wurde zudem nach einem Faustschlag ein Verfahren eingeleitet und gegen einen 20 Jahre alten Gegendemonstranten wegen Vermummung. [8]

Fußnoten:

[1] https://www.welt.de/politik/deutschland/article170146328/AfD-ist-der-Schild-und-Pegida-das-scharfe-Schwert.html

[2] https://orange.handelsblatt.com/artikel/35609

[3] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1068417.jahre-pegida-in-dresden-zum-dritten-geburtstag-voellig-blau.html

[4] https://www.jungewelt.de/artikel/320537.reinfall-f%C3%BCr-pegida.html

[5] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1068417.jahre-pegida-in-dresden-zum-dritten-geburtstag-voellig-blau.html

[6] http://www.faz.net/aktuell/pegida-dritter-jahrestag-bringt-demonstrationen-in-dresden-15268575.html

[7] https://www.jungewelt.de/artikel/320537.reinfall-f%C3%BCr-pegida.html

[8] http://www.faz.net/aktuell/pegida-dritter-jahrestag-bringt-demonstrationen-in-dresden-15268575.html