Evangelischer Kirchentag: Die AfD darf sich präsentieren

Demonstration von “Aufstehen gegen Rassismus”. Ein Aufschrei gegen die rechtspopulistische "Alternative für Deutschland" (AfD). (Foto: U. Stephan, r-mediabase). Quelle: antifa.vvn-bda.de

 

Die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) bekommt mit ihrer Einladung zum evangelischen Kirchentag eine perfekte Bühne für ihre bürgerliche Inszenierung. Die evangelische Kirche trägt direkt dazu bei, den Rechtspopulismus weiter salonfähig zumachen.

Von Franziska Wilke, Julian Feller und Marko Neumann

Ein Glaubensfest in der Multikulti-Stadt: Berlin ist seit Mittwoch Gastgeber des 36. Evangelischen Kirchentags. Mit drei Gottesdiensten vor dem Reichstag, dem Brandenburger Tor und auf dem Gendarmenmarkt feierten Tausende Menschen den Beginn des Treffens. Erwartet werden rund 140.000 Dauerteilnehmer sowie zusätzlich Tausende Tagesbesucher. Am Sonntag soll der Kirchentag in der Lutherstadt Wittenberg zu Ende gehen. [1]

Evangelische Einladung an die AfD

Unter anderem soll am Donnerstag auf dem Kirchentag der Berliner Bischof Markus Dröge mit Anette Schultner vom Bundesverband Christen in der AfD diskutieren. Bedford-Strohm sagte, es gebe auch Menschen in der AfD, mit denen ein Diskurs möglich sei. Das richte sich nach der jeweiligen Person und nicht nach den drei Buchstaben einer Partei. Beim Katholikentag vor einem Jahr in Leipzig war die AfD explizit ausgeladen. [2]

Der Evangelische Kirchentag hat jedoch Kritik an der Einladung einer AfD-Vertreterin zu dem Treffen in Berlin zurückgewiesen. Bei dem Gespräch gehe es um die Frage, wie es möglich sei, als Christ dieser Partei anzugehören, sagte Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au am Mittwoch. „Es ist besser, einmal zuviel mit den Leuten zu reden, als nur ständig über sie“, sagte die Schweizer Theologin. [3]

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat den beim Evangelischen Kirchentag geplanten Auftritt von Vertretern der rechtspopulistischen AfD verteidigt. [4]

Warum die AfD nichts auf dem Kirchentag zu suchen hat

Die AfD muss öffentlich demaskiert werden, klar. Der Evangelische Kirchentag ist dazu aber nicht der richtige Ort. Das zeigt schon ein Blick auf die Diskussionsrunde, an der die AfD-Funktionärin Anette Schultner teilnehmen wird. Die Veranstaltung mit dem Titel „Christen in der AfD“ verspricht keine kontroverse Debatte. Normalisierung statt Demaskierung scheint die Devise zu sein. [5]

Doch die AfD ist keine Partei wie jede andere. Fundamental widerspricht sie den Werten, die auf Kirchentagen gelebt werden: Toleranz. Nächstenliebe. Weltoffenheit. Begriffe, für die die AfD nicht steht. Sie will Hilfsbedürftige abschieben, das Kirchenasyl abschaffen und Europa abschaffen. Sie duldet Klimawandelleugner, Geschichtsrevisionisten und Antisemiten in ihren Reihen. Ihr im Wahljahr auf dem von Hunderttausenden besuchten Protestantentreffen ein Podium zu bieten, ist deshalb ein fatales Signal. [6]

Die Forderung der rechtspopulistischen Partei nach einer höheren Geburtenrate der »einheimischen« Bevölkerung entspreche dem »kleinen Arierparagrafen der Nationalsozialisten«, sagte Käßmann am Donnerstagmorgen. »Zwei deutsche Eltern, vier deutsche Großeltern: ‚Da weiß man, woher der braune Wind wirklich weht’«, kritisierte die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unter tosendem Beifall. [7]

Angesprochen auf die christliche Flüchtlingshilfe, spricht Parteichefin Frauke Petry von „modernem Ablasshandel“. Gleichzeitig wirft der AfD-Vorsitzende in Bayern den Kirchen ein Milliardengeschäft mit der Flüchtlingskrise vor. Auf dem letzten Bundesparteitag rief der Landeschef der niedersächsischen AfD zur Abschaffung der Kirchensteuer auf, während tausende Christen gegen die Versammlung demonstrierten. [8]

Fußnoten:

[1] https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/afxline/topthemen/article164874153/Christen-feiern-den-Kirchentag-in-Berlin.html

[2] http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_81263012/ekd-vorsitzender-afd-auf-kirchentag-nicht-ausgeladen.html

[3] http://www.lvz.de/Specials/Themenspecials/Luther-in-Leipzig/Evangelischer-Kirchentag-verteidigt-Einladung-an-AfD-Politikerin-Schultner

[4] http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_81263012/ekd-vorsitzender-afd-auf-kirchentag-nicht-ausgeladen.html

[5] http://taz.de/Die-AfD-beim-Kirchentag/!5411668/

[6] http://taz.de/Die-AfD-beim-Kirchentag/!5411668/

[7] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1052072.kaessmann-attackiert-auf-kirchentag-afd-scharf.html

[8] http://taz.de/Die-AfD-beim-Kirchentag/!5411668/