Frauen im Dritten Reich: der „Bund deutscher Mädel“

Die Erziehung der Mädchen war dem Ideal der künftigen Mutterschaft ausgerichtet, höhere Schulbildung wurde teilweise, Koedukation vollständig abgelehnt. Soziale und politische Emanzipation, wie sie von den Frauen im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik ein Stück weit errungen worden war, wurde durch die Ideologie der Nazis und später per Gesetz verhindert.

Von Janin Krude und Marko Neumann

„Wir empfinden es nicht als richtig, wenn das Weib in die Welt des Mannes, in sein Hauptgebiet eindringt, sondern wir empfinden es als natürlich, wenn diese beiden Welten geschieden bleiben. In die eine gehört die Kraft des Gemütes, die Kraft der Seele! Zur anderen gehört die Kraft des Sehens, die Kraft der Härte, der Entschlüsse und die Einsatzwilligkeit! […]

Das Wort von der Frauen-Emanzipation ist nur ein vom jüdischen Intellekt erfundenes Wort, und der Inhalt ist von demselben Geist geprägt. Die deutsche Frau brauchte sich in den wirklich guten Zeiten des deutschen Lebens nie zu emanzipieren, sie hat genau das bessesen, was die Natur ihr zwangsläufig als Gut zur Verwaltung und Bewahrung gegeben hat.“

… erklärte Adolf Hitler in einer Rede nur wenige Monate nach der Machtübertragung. Der NS-Staat war eine Männergesellschaft, in der Frauen faktisch keine Rolle spielten. Die Frau wurde auf ihrer Rolle als Mutter und vermeintliche Hüterin des Heims, als Erzieherin der Kinder, als dem Mann untertane Ehegefährtin, die sich durch „Fortpflanzungsverweigerung“ oder Unfruchtbarkeit schuldig machen konnte, reduziert.

Politische Rechtlosigkeit und geheuchelte Wertschätzung

Die Erziehung der Mädchen war dem Ideal der künftigen Mutterschaft ausgerichtet, höhere Schulbildung wurde teilweise, Koedukation vollständig abgelehnt. Soziale und politische Emanzipation, wie sie von den Frauen im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik ein Stück weit errungen worden war, wurde durch die Ideologie der Nazis und später per Gesetz verhindert.

Der politischen Rechtlosigkeit der Frauen wurde eine mantraartig vorgebrachte Idealisierung der Mutterschaft entgegengesetzt. Der 1934 eingeführte Muttertag gehörte fest ins Feierjahr der Nazis und der ab 1938 verliehene Orden der NSDAP „Ehrenkreuz der deutschen Mutter“ sollte einmal mehr von der Emanzipationsfeindlichkeit der Männer ablenken. Die Auszeichnung wurde in Bronze für vier bis sechs Kinder, in Silber für sechs bis sieben Kinder und in Gold für acht und mehr Kinder verliehen, und zwar bis November 1944 nur an reichsdeutsche, dann auch an volksdeutsche Mütter. Überlegungen, die Auszeichnungen mit einem Ehrensold zu verbinden, wurden aus finanziellen Erwägungen nicht realisiert.

Der „Bund deutscher Mädel“ (BDM)

Die bekannteste, wenn auch nicht einzige, Frauenorganisation im Dritten Reich war der „Bund deutscher Mädel“ (BDM). Obwohl er bereits 1930 gegründet wurde, entwickelte sich dieser Frauenbund erst nach der Machtübertragung als untergeordneter Teil der Hitler-Jugend (HJ) unter dem „Reichsjugendführer“ Baldur von Schirach zu einer Massenorganisation. Im BDM, der 1939 zur Staatsorganisation wurde, galt vor allem für Mädchen von 14 bis 18 Jahren Dienstpflicht.

Die Teilnahme an Heimabenden, Sportnachmittagen, Lagern-Fahrten und anderen Veranstaltungen war gesetzlich vorgeschrieben und bildete einen wichtigen Eckpfeiler der nationalsozialistischen Indoktrinierung und Erziehung der weiblichen Jugend zu „Trägerinnen der nationalsozialistischen Weltanschauung“, wie es Baldur von Schirach ausdrückte.

Der BDM war in der Ausbildung von Frauenberufen (wie beispielsweise Hauswirtschaft, Pflege und Landwirtschaft) engagiert und wurde sozialpolitisch zur Linderung des Arbeitskräftemangels instrumentalisiert. Beispiele hierfür sind der „Landdienst“ der HJ für das Hilfswerk „Mutter und Kind“ und die seit 1934 vom BDM, deutschen Frauenwerk und der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung getragene Einrichtung „Das hauswirtschaftliche Jahr“. Allein 1937 wurden rund 25.000 Mädchen als Haushaltshilfen im Deutschen Reich vermittelt worden.

Nach Kriegsausbruch nahm der BDM im großen Stil am „Kriegseinsatz der Hitlerjugend“ teil. An die Stelle von Pflegekräften, die in Frontlazarette versetzt wurden, traten BDM-Mädchen in Krankenhäusern und Heimatlazaretten. Sie wurden als Erntehelferinnen in der Heimat und im „Osteinsatz“ im besetzten Polen in Anspruch genommen, waren als Wehrmachtshelferinnen tätig, ersetzten das Personal in den Verkehrsbetrieben der Großstädte oder betreuten im Rahmen der Kinderlandverschickung evakuierte Kinder.