Gibt es eine Greifswalder Mehrheit für den Antisemiten Ernst-Moritz-Arndt?

Die Universität Greifswald - künftig ohne den Beinamen "Ernst Moritz Arndt"? Quelle: webmoritz.de

 

Erneut wird in Greifswald über den Antisemiten Ernst Moritz Arndt als Namenspatron für die Universität debattiert. Während die Bürgerschaft von einer stadtweiten Mehrheit der Arndt-Unterstützer*innen spricht, werden Arndt-Gegner*innen ausgepfiffen. Den Beinamen „Ernst Moritz Arndt“ erhielt die Universität 1933 durch Hermann Göring.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

In einer von der Universität Greifswald initiierten Debatte über ihren umstrittenen Namenspatron Ernst Moritz Arndt (1769-1860) haben sich Befürworter und Gegner am Freitag einen hitzigen Schlagabtausch geliefert. Der Senat der Universität hatte zu dem Bürger-Dialog eingeladen, nachdem es heftige Kritik in der Bevölkerung an einer ersten Uni-Entscheidung gab, sich vom Namen zu trennen. [1]

Höhnisches Gelächter“ für Arndt Gegner*innen

Bei der Diskussion gehe es nicht darum, Arndts Aussagen in Frage zu stellen, sondern allein darum, ob seine Bedeutung heute noch so groß sei, ihn als Namenspatron der Universität zu behalten, sagte der Zoologie-Professor Jan-Peter Hildebrandt im voll besetzten Hörsaal vor rund 500 Bürgern und Uni-Angehörigen. [2]

Heftige Kritik erntete der Paläoökologe Hans Joosten, der sich von Arndt als Namenspatron der Uni distanzierte. „Wir erleben aktuell eine Welle des Nationalismus. Wenn die AfD mit dem Slogan ,Das ist unser Ernst‘ wirbt, will ich ihn nicht haben“, sagte Joosten und stieß damit auf lauten Widerstand. Rechtlich hat das Forum keine Bindung, wie der Jura-Professor Heinrich Lang betonte. Zu entscheiden habe allein der Senat. [3]

Die Senatsvorsitzende Maria-Theresa Schafmeister hatte zuvor eine sachliche Diskussion angemahnt und darum gebeten, persönliche Angriffe zu unterlassen. Redner beider Lager betonten, mit der Debatte Gräben zuschütten zu wollen. Dennoch wurden Redebeiträge von Uni-Angehörigen, die sich vom Namen des umstrittenen Publizisten und Theologen trennen wollen, teils mit höhnischem Gelächter begleitet. [4]

Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald hat in ihrer Sitzung im April Folgendes beschlossen: „Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald erkennt an, dass der Großteil der Greifswalder Bürgerinnen und Bürger die Beibehaltung des Namens Ernst Moritz Arndt für die Universität befürwortet.“ Belastbare Zahlen für diese Behauptung legte sie dafür nicht vor. An den Demos, die sich für den Erhalt des Namenpatrons einsetzten, nahmen laut Veranstalterin gerade mal 1000 von über 50000 Einwohnerinnen teil. [5]

Der Senat der Uni hatte im Januar die Ablegung des Namens mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen. Der Beschluss war später vom Bildungsministerium wegen formaler Mängel nicht anerkannt worden. [6]

Antisemit und Völkischer Nationalist: Wessen Ernst ihr Arndt ist

Historiker kritisierten, Arndt sei antisemitisch und nationalistisch gewesen. Aber er hatte Anfang des 19. Jahrhunderts auch gegen Napoleon und die Franzosen polemisiert und gilt als Verfechter der Deutschen Einheit. Die Nationalsozialisten sahen in ihm einen Vordenker. [7]

In Arndts politischen Schriften finden sich teilweise antisemitische Töne, vor allem aber nationale. „Der Germane und die von ihm durchschwängerten und befruchteten Romanen sind die einzigen, welche den Himmelskeim durch Theologie und Philosophie zum rechten Sprießen und Blühen gebracht haben und welche die Reste der alten eingeschlafenen und wenig theilnehmenden Welt und die an- und umwohnenden Völker fremder Art als Allherrscher beleben und leiten“, schreibt er in seinem Werk „Versuch in vergleichender Völkergeschichte“. [8]

In einem seiner Briefe schreibt er, deutsches und jüdisches Blut dürften sich nicht vermischen: „[Wir] würden am Ende mit unseren Israeliten wohl fertig, da so viele durch den Übergang zum Christentum sich allmählich in unserem Volke verlieren; aber die Tausende, welche die russische Tyrannei uns nun noch wimmelnder jährlich aus Polen auf den Hals jagen wird, das ist eine sehr ernste Frage und unsere Regierung müßte gegen solche Eindränge und Einschliche viel strengere und härtere Maßregeln ergreifen, als sie thut.“ [9]

Fußnoten:

[1] http://www.nordkurier.de/anklam/hitzige-debatte-und-eklat-bei-arndt-forum-in-greifswald-2127698704.html

[2] http://www.svz.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/eklat-bei-arndt-forum-id16641371.html

[3] http://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/eklat-bei-arndt-forum-id16641371.html

[4] http://www.nordkurier.de/anklam/hitzige-debatte-und-eklat-bei-arndt-forum-in-greifswald-2127698704.html

[5] http://webmoritz.de/2017/04/21/was-greifswald-bewegt/

[6] http://www.nordkurier.de/anklam/hitzige-debatte-und-eklat-bei-arndt-forum-in-greifswald-2127698704.html

[7] http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Uni-Greifswald-Neustart-der-Namensdebatte,unigreifswald160.html

[8] http://www.ndr.de/kultur/geschichte/Ernst-Moritz-Arndt-Patriot-oder-Antisemit,ernstmoritzarndt102.html

[9] http://www.ndr.de/kultur/geschichte/Ernst-Moritz-Arndt-Patriot-oder-Antisemit,ernstmoritzarndt102.html