Kreisgebietsreform in M-V nützt der AfD

Demonstration gegen die rechtspopulistische Altenative für Deutschland (AfD).

Hat die Kreisgebietsreform von 2011 der AfD bei den vergangenen Landtagswahlen in die Hände gespielt? In der aktuellen Ausgabe des Journals des Ifo-Instituts in Dresden kommen zwei Wissenschaftler zu genau diesem Schluss.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Die umstrittene Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2011 ist für den Erfolg der AfD bei der Landtagswahl 2016 mitverantwortlich. Zu diesem Befund kommen zwei Wissenschaftler des Dresdner Ifo-Instituts. „Gemeinden in besonders stark von der Gebietsreform betroffenen Gebieten weisen einen um 4 Prozentpunkte höheren Wahlanteil für die AfD auf als direkt benachbarte, weniger stark betroffene Gemeinden“, schreiben die Ifo-Volkswirte Felix Rösel und Julia Sonnenburg in der jüngsten Ausgabe des Instituts-Journals. [1]

Die beiden Autoren kommen zu dem Schluss, dass die gefühlte Zunahme der politischen Distanz zwischen Kreispolitik und Bürgern Unzufriedenheit geschürt und populistische Tendenzen verstärkt habe. [2]

Längere Fahrzeiten in die Kreisstadt würden dabei hingegen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die mit den Stimmen der Regierungsparteien SPD und CDU beschlossene Kreisreform hatte dazu geführt, dass aus vormals zwölf dann sechs Landkreise wurden – die größten in ganz Deutschland. [3]

Nach Angaben von Rösel und Sonnenburg sinken die politischen Einflussmöglichkeiten einer Gemeinde umso stärker, je mehr Gemeinden in einem Kreis zusammengeschlossen werden. Das würden viele Bürger als Nachteil empfinden und sich nach kleineren Strukturen zurücksehnen. „Aktuelle Lösungsversuche der Landesregierung, wie das Errichten des Sitzes eines Staatssekretärs für den ländlichen Raum in Anklam, dürften daher die politischen Auswirkungen der Kreisgebietsreform kaum beeinflussen. Ähnliches ist bei einer Stärkung der Außenstellen der Landratsämter zu vermuten“, heißt es in dem Beitrag. [4]

Nur eine Rückkehr zu kleinteiligeren Strukturen könne die politische Distanz zwischen Kreispolitik und Bürger verringern, erscheine derzeit aber als unwahrscheinlich. Die Autoren schlagen daher für Kreistagswahlen künftig getrennte Kandidatenlisten auf Ebene der Altkreise und „die Stärkung der Partizipationsmöglichkeiten auf der Ebene der Gemeinden und Ämter“ vor. [5]

Ein Zusammenhang zwischen AfD-Wahlerfolg und zentralisierter Verwaltung war zuvor schon von anderen Wissenschaftlern postuliert worden. So meinte der Greifswalder Wirtschaftsgeograf Helmut Klüter, dass die Kreis- und Landtagsabgeordneten durch die größeren Entfernungen seit der Kreisgebietsreform von 2011 ihren Kontakt zur Basis im Land verloren hätten. Diese Lücke füllt nach Ansicht Klüters die AfD. [6]

Bei der Landtagswahl erzielte die AfD mit von 20,8 Prozent den zweithöchsten Stimmanteil nach der SPD mit 30,6 Prozent. [7]

Fußnoten:

[1] http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Studie-AfD-profitierte-von-Kreisgebietsreform,kreisgebietsreform152.html

[2] http://www.svz.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/studie-afd-zog-nutzen-aus-kreisreform-id15607521.html

[3] http://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/studie-afd-zog-nutzen-aus-kreisreform-id15607521.html

[4] http://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/studie-afd-zog-nutzen-aus-kreisreform-id15607521.html

[5] http://www.svz.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/studie-afd-zog-nutzen-aus-kreisreform-id15607521.html

[6] http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Studie-AfD-profitierte-von-Kreisgebietsreform,kreisgebietsreform152.html

[7] http://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Politik/Studie-AfD-zog-bei-Landtagswahl-Nutzen-aus-Kreisreform