Reichsbürger aus Georgensgmünd (Bayern) zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt

Mit skurrilen Fantasiekonstrukten, wie dem "Reichsamt" versuchen "Reichsdeutsche" auf sich aufmerksam zu machen. Quelle: Screenshot "Reichsamt"

Der bayerische Reichsbürger Wolfgang P. hatte vergangenes Jahr während einer Razzia auf seinem Grundstück mehrmals auf eingesetzte Polizeibeamt*innen geschossen und einen dabei getötet. Die Staatsanwaltschaft warf P. vor, den Angriff auf die Beamt*innen im Voraus geplant zu haben.

Von Franziske Wilke und Julian Feller

Der sogenannte Reichsbürger von Georgensgmünd, Wolfgang P., ist zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Landgericht in Nürnberg wertete am Montag die tödlichen Schüsse des Mannes auf einen 32-jährigen Polizisten vor gut einem Jahr als Mord. Der Angeklagte hatte den Gerichtssaal zur Urteilsverkündung mit einem Lächeln betreten. Das Urteil nahm er regungslos zur Kenntnis. [1]

Wolfgang P. hatte bei einem Polizeieinsatz Mitte Oktober 2016 auf Beamte eines Spezialeinsatzkommandos geschossen. Dabei starb ein Polizist, zwei weitere wurden verletzt. Die Spezialeinheit sollte helfen, dierund 30 Waffen im Haus von P.zu beschlagnahmen. Denn bei den Behörden galt der Jäger als nicht mehr zuverlässig. [2]

Staatsanwalt Matthias Held hatte P. in seinem Plädoyer vorgeworfen, einen Angriff auf Polizisten über längere Zeit geplant zu haben. Aus dem Hinterhalt habe er an jenem Morgen elfmal auf die Beamten geschossen – mit dem Ziel, möglichst viele von ihnen zu verletzen und zu töten. [3]

Wie die Richterin sagte, gibt es trotz seiner „sehr ungewöhnlichen, abnormen Gedanken“ bei P. keine Hinweise auf einen schuldmindernden Wahn. P. hatte auch Kontakt zu dem Reichsbürger Adrian U., der derzeit wegen versuchten Mordes an einem Polizisten vor dem Landgericht Halle angeklagt ist. Die eskalierte Zwangsräumung bei U. im August vergangenen Jahres und die Schüsse von P. gelten als Wendepunkt im Umgang mit den sogenannten Reichsbürgern. [4]

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von einem „harten Urteilt, das der Schwere des brutalen Verbrechens gerecht wird“. Er sei immer noch zutiefst erschüttert über den schrecklichen Mord. Der Fall habe alle Polizisten „hart getroffen“. [5]

Er nahm das Urteil erneut zum Anlass, der „Reichsbürgerszene“ den Kampf anzusagen: „Es gibt kein Wenn und Aber: Unser Rechtsstaat setzt sich durch“, betonte er. Nach aktuellen Zahlen geht das Ministerium davon aus, dass es in Bayern rund 3250 „Reichsbürger“ gibt. Diese würden inzwischen auch verstärkt vom Verfassungsschutz beobachtet. Zudem arbeite die Staatsregierung am Ziel, ihnen alle Erlaubnisse für Waffenbesitz zu entziehen. „Bis zum 30. September 2017 haben unsere Waffenbehörden bayernweit bereits 547 Waffen bei „Reichsbürgern“ eingesammelt.“ [6]

Die in etliche Kleingruppen zersplitterten „Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik und ihre Institutionen nicht an, für sie besteht das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 fort. Anhänger dieser Bewegung akzeptieren auch keine amtlichen Bescheide. P. selbst hatte Anfang 2016 im Einwohnermeldeamt seinen Personalausweis abgegeben. [7]

Fußnoten:

[1] http://www.sueddeutsche.de/bayern/eil-ermordeter-polizist-reichsbuerger-muss-lebenslaenglich-in-haft-1.3720221

[2] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/reichsbuerger-prozess-in-nuernberg-lebenslange-haft-fuer-angeklagten-a-1174210.html

[3] http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-10/reichsbuergerbewegung-urteil-mord-polizisten-wolfgang-p

[4] https://www.merkur.de/politik/urteil-in-mordprozess-reichsbuerger-droht-lebenslange-haft-zr-8798526.html

[5] https://www.welt.de/politik/deutschland/article169938165/Reichsbuerger-muss-wegen-Polizistenmords-lebenslaenglich-in-Haft.html

[6] https://www.welt.de/politik/deutschland/article169938165/Reichsbuerger-muss-wegen-Polizistenmords-lebenslaenglich-in-Haft.html

[7] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/reichsbuerger-prozess-in-nuernberg-lebenslange-haft-fuer-angeklagten-a-1174210.html