Steht das NPD-Verbot vor der Tür?

Die Initiative "no npd - NPD-Verbot jetzt!" fordert seit Jahren ein Verbot der rechtsextremen Partei. Quelle: bpb.de

 

Kommende Woche wird am Dienstag in Karlsruhe die Entscheidung über das vom Bundesrat beantragte Verbot der neofaschistischen NPD bekanntgegeben. Ein Verbot würde die rechte Szene nachhaltig schwächen.

Von Franziska Wilke, Julian Feller und Marko Neumann

Das Verbotsverfahren gegen die NPD hat eine lange Vorgeschichte, die in der vorgeblichen »Tagesaktualität« schnell vergessen wird. Schon seit Gründung der neofaschistischen NPD erklärten Antifaschisten in der alten Bundesrepublik, dass diese Partei insbesondere wegen Grundgesetz Artikel 139 (Rechtskraft der alliierten Regelungen zur Befreiung von Faschismus und Militarismus) verfassungswidrig ist. Doch die Partei passte so sehr in das politische Konzept, dass man 1990 bei der Übernahme der DDR eher daran dachte, den Artikel 139 als »obsolet« zu streichen, als die NPD zu verbieten. So entwickelte die NPD sich insbesondere in den neuen Ländern zu einem politischen Machtfaktor und bildete den Nukleus der gewaltbereiten neofaschistischen und rassistischen Szene. [1]

Dem schließlich im Dezember 2013 vom Bundesrat in Karlsruhe eingereichten Verbotsantrag war bekanntlich 2001 ein erster Versuch vorausgegangen, die NPD auf juristischem Weg zu stoppen. Die damals von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat gestellten Anträge wurden zwei Jahre später aus Verfahrensgründen eingestellt. Eine Sperrminorität aus drei der sieben Richter hatte bei der NPD die Gefahr der »fehlenden Staatsferne« gesehen: Zu viele V-Leute des Verfassungsschutzes waren auch in der Führungsebene der Partei tätig gewesen. Ob es sich bei der NPD um eine verfassungswidrige Partei handelt, prüfte Karlsruhe gar nicht erst. [2]

Tatsächlich geht es in der NPD derzeit ruhiger zu als in den letzten Amtsjahren von Ex-Chef Voigt oder in der kurzen Zeitspanne unter Holger Apfel. Eine Garantie, dass das so bleibt, gibt es aber nicht. Die Gründe für Unzufriedenheit in den eigenen Reihen sind ja bekannt. Unter Franz‘ Regie dümpelt die Zahl der Mitglieder bei etwas über 5000 vor sich hin. Die beiden Landtagsfraktionen sind verloren. Auf der Straße bestimmen „Gidas“ und andere Gruppen das Bild; an den Wahlurnen wirbt die AfD der NPD ihre Kundschaft ab. [3]

Finanzen, Immobilien und Mandate

Sollten die Richter zu der Einschätzung gelangen, die NPD sei zu verbieten, würde als unmittelbare Folge das Vermögen der Partei eingezogen. Hierzu gehören die NPD-Immobilien, etwa die Parteizentrale in der Seelenbinderstraße in Berlin-Köpenick. Außerdem würde die NPD in diesem Fall ihre Mandate in den Parlamenten einbüßen, etwa den Sitz im Europaparlament, den der frühere Parteichef Udo Voigt inne hat. Seit die Partei Anfang September aus dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern gewählt wurde, hält sie ansonsten nur noch Sitze in kommunalen Volksvertretungen. […] Die überwiegende Mehrheit davon befindet sich in den ostdeutschen Bundesländern, in den Kreistagen Mecklenburg-Vorpommerns ist die NPD flächendeckend vertreten. [4]

Ihre 360 Sitze in Gemeinden, Städten und Landkreisen weisen die rechtsextreme Partei als Regionalpartei mit Schwerpunkten in Sachsen, Thüringen und Vorpommern aus. Im Westen, wo die NPD lediglich ein Sechstel ihrer Mandate holte, hat sie bei Wahlen nichts zu gewinnen. Und im Osten droht die kommunale Basis weiter abzubröckeln, wenn die NPD nicht doch noch bis zu den nächsten Kommunalwahlterminen im übernächsten Jahr eine Gegenstrategie zur AfD findet – wofür freilich im Augenblick nichts spricht. Im Gegenteil. [5]

NPD trotz ihrer Krise nicht unterschätzen

„Wer glaubt, die Partei sei tot, der täuscht sich“, sagte Kailitz. Der gesellschaftliche Einfluss der NPD lasse sich nicht nur an Mandaten festmachen. So sei etwa rechtsextremes Vokabular, wie es zuerst die NPD gebraucht habe, in jüngster Vergangenheit in der Flüchtlingsdebatte auch in den politischen Diskurs eingesickert. [6]

Kailitz, der am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung arbeitet und bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht als Sachverständiger dabei war, hält ein Verbot aufgrund der Ziele der NPD für gerechtfertigt. „Die NPD plant mit der Vertreibung von Millionen Menschen Staatsverbrechen. Solche Positionen sind in einem demokratischen Parteienwettbewerb nicht tolerabel.“ Es sei zu befürchten, dass eine Entscheidung gegen ein Verbot der NPD neuen Auftrieb gäbe. Nach dem Scheitern des ersten Verbotsverfahrens hätten sich die Rechtsextremen damit gebrüstet. „Das würde diesmal noch mit viel größerem Aufwand betrieben werden.“ [7]

Fußnoten:

[1] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1037889.medienkampagne-im-sinne-der-npd.html?sstr=npd

[2] http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/27480

[3] http://www.bnr.de/artikel/hintergrund/npd-vor-dem-finale

[4] http://www.vorwaerts.de/artikel/moeglichen-verbot-geht-npd

[5] http://www.bnr.de/artikel/hintergrund/npd-vor-dem-finale

[6] http://www.focus.de/politik/deutschland/er-plaediert-fuer-parteiverbot-npd-forscher-schlaegt-alarm-wer-glaubt-die-partei-sei-tot-der-taeuscht-sich_id_6494523.html

[7] http://www.focus.de/politik/deutschland/er-plaediert-fuer-parteiverbot-npd-forscher-schlaegt-alarm-wer-glaubt-die-partei-sei-tot-der-taeuscht-sich_id_6494523.html