Trotz Rüstungsexportstopps: Wolgast produziert weiter für Krieg im Jemen

Die Bundesrepublik gehört weltweit zu den Topverdienern bei Rüstungsexporten und ermöglicht damit Hunderttausende Morde auf dem ganzen Planeten. Laut dem Koalitionsvertrag von Union und SPD sollten Rüstungsexporte für Länder, die am Jemen-Krieg beteiligt sind, eingefroren werden. Doch wie immer gibt es Ausnahmen. Die Wolgaster Lürssen-Werft darf acht Kriegsboote für Saudi-Arabien produzieren, das federführend beim Angriffskrieg gegen den Jemen in der Region ist. Vorpommern verdient am Krieg im Mittleren Osten weiter mit.

Von Franziska Wilke und Julian Feller

Saudi-Arabien hat irritiert auf den deutschen Rüstungsexportstopp für die am Jemen-Krieg beteiligten Länder reagiert. Der saudische Außenminister Adel al-Dschubair nannte die Entscheidung der Bundesregierung in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur „seltsam“, machte aber gleichzeitig deutlich, dass sein Land nicht auf deutsche Waffen angewiesen sei. „Wir brauchen eure Rüstungsgüter nicht. Wir werden sie woanders finden“, sagte er an die Adresse Deutschlands. [1]

Wegen der Menschenrechtslage in dem Königreich sind Rüstungsexporte dorthin aber schon seit Jahrzehnten höchst umstritten. Al-Jubeir sagte zu der innenpolitischen Diskussion in Deutschland: „Wir werden uns nicht selbst in eine Lage bringen, in der wir zum Spielball werden.“ Entweder Deutschland bewähre sich als zuverlässiger Lieferant von Rüstungsgütern oder nicht. „Wenn Deutschland ein Problem damit hat, Waffen nach Saudi-Arabien zu liefern, dann wollen wir Deutschland auch nicht unter Zugzwang setzen.“ [2]

Union und SPD hatten sich in den Koalitionsverhandlungen auf einen Exportstopp an alle Länder verständigt, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Es wurde aber ein Bestandsschutz für bereits erteilte Vorgenehmigungen in den Koalitionsvertrag eingebaut. Saudi-Arabien führt eine Allianz von neun Staaten an, die seit 2015 im Jemen gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft. [3]

Ungeachtet der Beteiligung Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg hat die Bundesregierung die Lieferung von acht Patrouillenbooten an das Königreich genehmigt. Das teilte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags in einem Schreiben mit, das der Deutschen Presse Agentur und dem ZDF vorliegt. Die Boote werden auf der Lürssen-Werft im vorpommerschen Wolgast gebaut. [4]

Seit der Sondierungsvereinbarung zwischen Union und SPD vom 12. Juni, die bereits den Exportstopp enthielt, hat die Bundesregierung insgesamt drei Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien und dem ebenfalls zur Kriegsallianz zählenden Emirat Kuwait genehmigt. Zusammen haben die drei Exporte einen Wert von 161,9 Millionen Euro. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid-Nouripour hervor, die der dpa vorliegt. Der größte Teil der Summe dürfte auf die acht Patrouillenboote entfallen. [5]

„Die Ankündigung der Bundesregierung einer restriktiven Rüstungsexportpolitik pulverisiert sich nach nur einer Woche“, sagte der GRÜNEN-Außenexperte Nouripour der dpa. „Saudische Patrouillenboote sichern die Seeblockade und damit die humanitäre Notlage In Jemen ab. Die große Koalition leistet dem nun aktiv Beistand. Das ist eine moralische Bankrotterklärung.“ [6]

Auch DIE LINKE kritisiert die Exporte scharf. „Die neue Bundesregierung setzt die verhängnisvolle Aufrüstung der Jemenkriegskoalition fort, als hätte es die Bundestagswahl nicht gegeben“, sagte Außenexperte Stefan Liebich der dpa. „Wenn sich das nicht ändert, sind die Aussagen im Koalitionsvertrag nichts wert. Den Preis dafür zahlt die Zivilbevölkerung im Jemen.“ [7]

Rüstungsexporte werden zwei Mal von der Bundesregierung genehmigt: vor der Vertragsunterzeichnung, um dem Unternehmen Planungssicherheit zu geben, und dann endgültig kurz vor der Auslieferung. Dazwischen können Jahre liegen – so wie jetzt auch bei den Patrouillenbooten. Schon in den vergangenen Jahren wurden mehrere dieser Boote ausgeliefert. [8]

Fußnoten:

[1] https://www.svz.de/19166191

[2] http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ruestung-saudi-arabien-reagiert-trotzig-auf-exportstopp-a-1195000.html

[3] http://www.deutschlandfunk.de/ruestung-saudi-arabien-erhaelt-acht-patrouillenboote-aus.2932.de.html?drn:news_id=864331

[4] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1083327.ruestungsexporte-deutsche-patrouillenboote-fuer-saudi-arabien-trotz-jemen-krieg.html

[5] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1083327.ruestungsexporte-deutsche-patrouillenboote-fuer-saudi-arabien-trotz-jemen-krieg.html

[6] http://taz.de/Importe-aus-Deutschland-und-den-USA/!5493543/

[7] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1083327.ruestungsexporte-deutsche-patrouillenboote-fuer-saudi-arabien-trotz-jemen-krieg.html

[8] http://www.ostsee-zeitung.de/Thema/W/Werften/Saudi-Arabien-erhaelt-weitere-acht-Patrouillenboote-aus-MV