Universität Greifswald künftig ohne antisemitischen Namenspatron

Die Universität Greifswald - künftig ohne den Beinamen "Ernst Moritz Arndt"? Quelle: webmoritz.de

 

Die Nazis hatten die Greifswalder Universität noch im ersten Jahr ihres Regimes mit dem Namen Ernst Moritz Arndt versehen. Arndt gilt als einer der Vordenker nationalsozialistischer Ideologie. Nun wurde hat der Senat den Namen abgelegt. CDU und AfD kritisieren die Entscheidung.

Von Franziska Wilke und Julian Feller

Die Universität von Greifswald hieß seit 1933 nach dem Schriftsteller, Publizisten und Historiker Ernst Moritz Arndt. Jetzt wurde beschlossen, das zu ändern. Und das ist auch gut so. [1]

Der Senat entschied am Mittwoch mit Zweidrittelmehrheit den Namen des umstrittenen Publizisten und Hochschulprofessors Arndt (1769-1860) abzulegen. Die Hochschule wird künftig nur noch Universität Greifswald heißen.24 der 36 Senatoren stimmten für die entsprechende Änderung der Grundordnung. „Es war eine Entscheidung, um die seit Jahren hart gerungen wurde“, sagte Rektorin Johanna Eleonore Weber. Sie wünsche sich, dass auch diejenigen, die für eine Beibehaltung des Namens plädiert hatten, das Ergebnis respektierten. [2]

Beiname 1933 durch Hermann Göring genehmigt

Mit der Streichung des Namens kehrt die 1456 gegründete Hochschule wieder zu ihrer ursprünglichen Bezeichnung zurück. Seit 1933 trug die Uni – mit neunjähriger Unterbrechung nach Kriegsende – den Namen des in Pommern geborenen Publizisten, dessen Rolle in der Geschichte umstritten ist. Genehmigt wurde der Name vom damaligen preußischen Ministerpräsidenten und Reichsminister Hermann Göring. [3]

Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Arndt gegen Napoleon und die Franzosen polemisiert. Er gilt als Verfechter der deutschen Einheit. Arndt hat auch antisemitische und nationalistische Schriften veröffentlicht. Die Nationalsozialisten sahen in ihm einen Vordenker. [4]

Antisemitismus als Bestandteil des Anrdtschen Weltbildes

In Arndts politischen Schriften finden sich teilweise antisemitische Töne, vor allem aber nationale. „Der Germane und die von ihm durchschwängerten und befruchteten Romanen sind die einzigen, welche den Himmelskeim durch Theologie und Philosophie zum rechten Sprießen und Blühen gebracht haben und welche die Reste der alten eingeschlafenen und wenig theilnehmenden Welt und die an- und umwohnenden Völker fremder Art als Allherrscher beleben und leiten“, schreibt er in in seinem Werk „Versuch in vergleichender Völkergeschichte“. [5]

In einem seiner Briefe schreibt er, deutsches und jüdisches Blut dürften sich nicht vermischen: „[Wir] würden am Ende mit unseren Israeliten wohl fertig, da so viele durch den Übergang zum Christentum sich allmählich in unserem Volke verlieren; aber die Tausende, welche die russische Tyrannei uns nun noch wimmelnder jährlich aus Polen auf den Hals jagen wird, das ist eine sehr ernste Frage und unsere Regierung müßte gegen solche Eindränge und Einschliche viel strengere und härtere Maßregeln ergreifen, als sie thut.“ [6]

Seit 1933 trug die Uni – mit neunjähriger Unterbrechung nach Kriegsende – den Namen des in Pommern geborenen Publizisten, dessen Rolle in der Geschichte umstritten ist. Genehmigt wurde der Name vom damaligen preußischen Ministerpräsidenten und Reichsminister Hermann Göring. [7]

Reaktionen auf Umbenennung

In den Jahren 2009 und 2010 war an der Universität bereits heftig über den Namen gestritten worden. Die Universität hatte damals eine wissenschaftliche Anhörung zu Arndt durchgeführt, die kein einheitliches Bild bot. Der Senat lehnte einen von den studentischen Senatoren eingebrachten Antrag zur Ablegung des Namens ab. Sollte sich jetzt der Senat mit Zwei-Drittelmehrheit für die Ablegung des Namens entscheiden, muss das Kultusministerium der Änderung der Grundordnung zustimmen. [8]

Der CDU-Abgeordnete Franz-Robert Liskow bedauerte dagegen den Schritt. Die Greifswalder hätten sich mit dem Namen identifiziert. Die AfD sieht in der Namensänderung ein „verheerendes Signal“, sie sei widersinnig. Viele Studenten, die sich dafür ausgesprochen hätten, würden aus Westdeutschland kommen, seien regional aber nicht verwurzelt, so der Abgeordnete Ralf Weber, der selbst Professor an der Universität Greifswald ist. Die Linke erklärte, es sei gut, dass eine langwierige Debatte zu Ende sei. Jetzt müsse die Entscheidung zügig umgesetzt werden, so der Abgeordnete Karsten Kolbe. Die Universität Greifswald verzichtet auf den Namenspatron, auch um internationale Wissenschaftler nicht zu verprellen. [9]

Fußnoten:

[1] https://www.welt.de/kultur/article161323995/Diese-Entscheidung-ist-nicht-nur-gut-sondern-ueberfaellig.html

[2] http://www.svz.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/uni-greifswald-legt-namen-ernst-moritz-arndt-ab-id15873201.html

[3] http://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/uni-greifswald-legt-namen-ernst-moritz-arndt-ab-id15873201.html

[4] http://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/uni-greifswald-legt-namen-ernst-moritz-arndt-ab-id15873201.html

[5] http://www.ndr.de/kultur/geschichte/Ernst-Moritz-Arndt-Patriot-oder-Antisemit,ernstmoritzarndt102.html

[6] http://www.ndr.de/kultur/geschichte/Ernst-Moritz-Arndt-Patriot-oder-Antisemit,ernstmoritzarndt102.html

[7] http://www.svz.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/uni-greifswald-legt-namen-ernst-moritz-arndt-ab-id15873201.html

[8] http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/uni-greifswald-entscheidet-ueber-umstrittenen-namen-1826830201.html

[9] http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Uni-Greifswald-Geteiltes-Echo-auf-neuen-Namen,arndtuniversitaet102.html