Andrè Poggenburg verlässt die AfD: Und gründet eine neue Rechtsaußen Partei

Demonstration von “Aufstehen gegen Rassismus”. Ein Aufschrei gegen die rechtspopulistische "Alternative für Deutschland" (AfD). (Foto: U. Stephan, r-mediabase). Quelle: antifa.vvn-bda.de

Nach zunehmenden internen Querelen erklärte André Poggenburg den Austritt aus der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) an. Zuletzt war ihm eine Ämtersperrung von zwei Jahren durch den Bundesvorstand der Partei auferlegt worden. Nun will Poggenburg mit einer neuen Partei in Mitteldeutschland punkten: Der „Aufbruch deutscher Patrioten“ (AdP) will schon zu den kommenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg antreten. Im Gegensatz zu anderen AfD-Ablegern könnte die Formation tatsächlich politische Erfolge erzielen.

Von Franziska Wilke, Janin Krude und Marko Neumann

André Poggenburg stellt einen Linksruck in der AfD fest. Angesichts der immer weiter fortschreitenden Radikalisierung der Rechtspopulist*innen ist das zwar eine eher exzentrische Sicht der Dinge, hindert den Rechtsaußenpolitiker allerdings nicht, der Alternative für Deutschland den Rücken zu kehren und gemeinsam mit „Altpartei“-Freunden den „Aufbruch deutscher Patrioten“ (AdP) zu gründen. Woher der Wind weht, ist dabei kein Geheimnis, schon im neuen Logo ist ein rechtsextremes Symbol zu sehen. Vertreter*innen der AfD sind derweil erfreut, dass Poggenburg sich endlich verabschiedet. [1]

Der ehemalige Partei- und Fraktionschef der AfD in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, hat eine neue Partei mit Namen „Aufbruch deutscher Patrioten – Mitteldeutschland“ gegründet. Diese soll im Herbst bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg antreten, wie die Zeitung „DIE WELT“ am Freitag berichtete. Am Donnerstag hatte Poggenburg seinen Austritt aus der AfD erklärt. Die Differenzen mit der AfD-Parteiführung in Berlin hätten „letztlich ein unüberbrückbares Ausmaß angenommen, sodass ich mich dazu entschieden habe, meinen politischen Kampf für dieses Land außerhalb der AfD weiterführen zu müssen“, sagte Poggenburg der WELT. [2]

Poggenburg, der zum rechtsnationalen Flügel der Partei gehörte und in der Vergangenheit immer wieder durch verbale Entgleisungen auffiel, war jüngst für zwei Jahre für alle Ämter gesperrt worden. Auf Betreiben des Bundesvorstandes. So hatte Poggenburg am Silvestertag auf Twitter geschrieben: „Den Mitbürgern unserer Volksgemeinschaft ein gesundes, friedliches und patriotisches 2019!“ [3]

Nach dem Parteiaustritt des ehemaligen Fraktions- und Landeschefs André Poggenburg fordert die AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt sein Mandat zurück. Formal ist Poggenburg trotz seines Austritts aus der AfD weiter Mitglied der Fraktion. Poggenburg sei zwar direkt gewählt worden, aber nur weil er für die AfD angetreten sei, sagte der Fraktionsvorsitzende Oliver Kirchner am Freitag. Entweder der 43-Jährige trete nun von selbst aus oder er werde ausgeschlossen, so Kirchner weiter. Ein entsprechender Antrag liege vor, und er gehe davon aus, dass dieser auch Erfolg hätte. Für einen Ausschluss müssten zwei Drittel der AfD-Abgeordneten stimmen. [4]

Poggenburgs neuer Partei haben sich offenbar weitere enttäuschte AfD-Mitglieder angeschlossen. Im Vorstand der neuen Partei sitzen Egbert Ermer und Benjamin Przybylla, die bisher der sächsischen AfD angehörten. Der SPIEGEL hatte Ermer mit dem Satz zitiert: „Das Projekt Parteigründung geht heute los.“ Geplant sei eine „mitteldeutsche Bewegung“, mit Zweigen unter anderem in Brandenburg und Sachsen. [5]

Poggenburg, Ermer und Przybylla laden bereits heute als Vorsitzender und Vorstandsmitglieder zum Neujahrsempfang der neugegründeten AdP auf Facebook ein. Im Wappen der Partei. Eine blaue Kornblume. Die Blume präsentierten die AfD-Aussteiger bereits bei ihrem Austritt und auch Poggenburg trägt seit geraumer Zeit immer wieder eine am Revers, wie hier bei einer Demonstration gegen den UN-Migrationspakt in Berlin. [6]

Die blaue Blume hat schon lange eine politische Bedeutung. Eingeführt hat sie um 1880 der österreichische Antisemit Georg von Schönerer, in seiner Partei „Alldeutsche Vereinigung“ galt die Kornblume als „Symbol der deutschen Treue“.  Schönerer forderte die Entfernung von Juden und Jüdinnen aus dem Staatsdienst, Schulen, Universitäten, Zeitungen und Schulen. Hannah Arendt bezeichnete Schönerer als „geistigen Vater“ von Hitler. Dazu passt, dass die blaue Kornblume, nach dem Verbot der Nationalsozialisten in Österreich 1933, als Erkennungszeichen der illegalen Nazis diente. Sie wurde oft am Revers getragen. Die Bedeutung des Symbols wurde 1997 vom Verfassungsgerichtshof in Österreich bestätigt: „Die blaue Kornblume war insofern ein Symbol des Nationalsozialismus, als es zusätzlich zu anderen Formen und Zeichen verwendet wurde. Die blaue Kornblume war ein Ersatzzeichen für verbotene Symbole und Zeichen der NSDAP.“ [7]

Die Erfolgsaussichten für das Parteienprojekt des gekränkten Egos Poggenburg, sie scheinen marginal. Schließlich gelten andere Abspaltungen, wie die „Blaue Wende“ Frauke Petrys oder die „Liberal-Konservativen Reformer“ als nur noch nicht aus dem Parteienwettbewerb entfernte Fußnoten der Parteiengeschichte. Und dennoch spricht einiges dafür, dass es bei Poggenburgs Parteigründung anders verlaufen könnte.  Zunächst wird darauf zu verweisen sein, dass sich alle bisherigen Abspaltungen „links“ der AfD verortet haben, auch wenn diese ideologische Frontstellung meist nur dazu diente, persönlichen Konflikten einen tieferen Sinn zu verleihen. Der AfD konnte dies nie gefährlich werden, schließlich konnte sie sich immer als die authentische „Alternative“ verkaufen, die nicht, wie Petry, Pretzell oder Lucke den Lockungen der Koalitionsbildung verfallen war und die wegen des unterstellten realpolitischen Kurses schnell unter dem Label CDU 2.0 abqualifiziert werden konnten. Nun aber wendet Poggenburg, und das verweist auf den ersten wichtigen Unterschied, das Label auf die AfD selbst an. „Die AfD überzieht ihre aktivsten Vorkämpfer zunehmend mit Parteiordnungsmaßnamen, um diese aus der Partei zu drängen und sie zu einer CDU 2.0 umzuformen“, so das Diktum Poggenburgs, mit dem er „Die Nationalkonservativen“ in einer neu gegründeten Facebook-Gruppe lockt. [8]

Nach Poggenburgs Rücktritt schrieb der AfD-Fraktions-Chef in Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, auf Twitter: „Endlich – ich hoffe, er nimmt den ganzen Narrensaum und die selbst ernannten Patrioten mit!“. Die Soziologin Jutta Ditfurth stellte auf Twitter die Frage in den Raum, ob Poggenburgs Ausscheiden wohl den Weg für CDU-Koalitionen mit der AfD auf Länderebene freimachen solle. [9]

In der AfD gab es Berichten zufolge schon länger die Vermutung, dass Poggenburg eine möglichst starke Hausmacht aus der AfD führen und mit der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung vereinigen will. Poggenburg und auch Ermer haben seit längerem enge Kontakte zu Pegida. [10]

Fußnoten:

[1] https://www.belltower.news/afd-austritt-andre-poggenburg-gruendet-aufbruch-deutscher-patrioten-adp-80123/

[2] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1109769.andre-poggenburg-bericht-poggenburg-gruendet-nach-verlassen-der-afd-neue-partei.html

[3] https://www.stern.de/politik/deutschland/andr%C3%A9-poggenburg-verlaesst-die-afd—und-gruendet-neue-partei-8526492.html

[4] https://www.welt.de/politik/deutschland/article186902146/Nach-Parteiaustritt-AfD-Landtagsfraktion-fordert-von-Poggenburg-Mandat-zurueck.html

[5] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/andre-poggenburg-gruendet-den-aufbruch-deutscher-patrioten-a-1247517.html

[6] https://www.belltower.news/afd-austritt-andre-poggenburg-gruendet-aufbruch-deutscher-patrioten-adp-80123/

[7] https://www.belltower.news/afd-austritt-andre-poggenburg-gruendet-aufbruch-deutscher-patrioten-adp-80123/

[8] https://www.zeit.de/politik/2019-01/andre-poggenburg-afd-abspaltung-rechtsruck-ostdeutschland

[9] https://www.svz.de/deutschland-welt/politik/Andre-Poggenburg-verlaesst-die-AfD-id22216467.html

[10] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1109769.andre-poggenburg-bericht-poggenburg-gruendet-nach-verlassen-der-afd-neue-partei.html