Aus Angst vor AfD: Seehofer verschärft Streit in der Union

"Islamisierung stoppen." - Großfläche des AfD-nahen Vereins "Recht und Freiheit"

Im Oktober wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Aus Angst vor der erstarkenden AfD versucht sich die CSU in einem Rechtsaußen-Kurs in Sachen Flüchtlingspolitik. Selbst die nochmals rassistisch verschärfte Politik gegen Flüchtlinge der EU genügt ihm nicht.

Von Franziska Wilke und Julian Feller

CSU-Chef Horst Seehofer hat im Asylstreit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Konfrontation noch einmal verschärft. In einer CSU-Vorstandssitzung bezeichnete er die Ergebnisse des EU-Gipfels als nicht wirkungsgleich mit Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen. Die europäischen Beschlüsse seien kein „wirkungsgleiches Surrogat“ (kein gleichwertiger Ersatz).Vielmehr soll Seehofer in der Sitzung die von Merkel in diesem Punkt erreichten Ergebnisse „abenteuerlich“ genannt haben, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß. [1]

Der CSU-Chef widersprach damit direkt der Kanzlerin. Zur Frage, ob die Forderungen der CSU erfüllt seien, hatte die CDU-Chefin zuvor bei der Aufzeichnung ihres ZDF-Sommerinterviews erklärt: „In der Summe all dessen, was wir insgesamt beschlossen haben, ist das wirkungsgleich. Das ist meine persönliche Auffassung. Die CSU muss das natürlich für sich entscheiden.“ [2]

Beim Gipfel in Brüssel hatte sich die EU auf weitere Verschärfungen der Migrationspolitik verständigt. So sollen Bootsflüchtlinge in zentralen Sammellagern in der EU untergebracht werden. Merkel erhielt nach eigenen Angaben zudem Zusagen mehrerer Länder, über schnellere Rückführungen von Migranten zu verhandeln. Außerdem wurden am Samstag überraschend weitgehende zusätzliche Asyl-Vorschläge Merkels bekannt. [3]

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, er halte nationale Maßnahmen an der Grenze weiterhin für notwendig, berichteten Teilnehmer der Sitzung. „Das ist eine Grundsatzfrage der Glaubwürdigkeit unserer Politik“, sagte Dobrindt demnach weiter. Er bekräftigte seine Einschätzung, dass die beim EU-Gipfel verhandelte Lösung solche nationalen Maßnahmen einschlössen. [4]

Jeder weiß, wie ernst es ist. Entwicklungsminister Gerd Müller hat eine sorgfältig geplante Reise nach Libyen abgesagt. Libyen bestimmt die Mittelmeerroute mit, die die Flüchtlinge nach Europa derzeit nehmen. Und so sagt denn auch Müller, dass er wegen der zugespitzten Lage nicht gereist sei, „aber da werden die Probleme gelöst, außerhalb Europas“. [5]

Fußnoten:

[1] https://www.welt.de/politik/deutschland/article178571748/Asylstreit-Seehofer-nennt-Unterredung-mit-Merkel-wirkungslos-und-kuendigt-Erklaerung-an.html

[2] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-07/asylstreit-horst-seehofer-eu-fluechtlingspolitik-unionsstreit

[3] https://www.waz.de/politik/tag-der-entscheidung-im-asylstreit-der-union-id214731281.html

[4] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/regierungskrise-merkel-laesst-loesung-des-asyl-streits-mit-csu-offen-15668865.html

[5] https://rp-online.de/politik/deutschland/asylstreit-horst-seehofer-laesst-die-bombe-in-der-csu-zentrale-platzen_aid-23753751