„Blood and Honour“ und „Combat 18“ wieder/immernoch in Thüringen aktiv

Kein Kiez für Nazis, nirgendwo!

 

Das europaweite rechtsextreme Netzwerk „Blood and Honour“ („Blut und Ehre“) organisiert mehr als nur Rechtsrockkonzerte. Nach wie vor ist es eines der größten Nazinetzwerke überhaupt, welches nicht zuletzt mit seinem rechtsterroristischen Arm „Combat 18“ versucht, Angst und Schrecken zu verbreiten. Vor 17 Jahren wurden diese Organisationen verboten. Jetzt sind sie wieder aktiv – oder waren nie weg.

Von Franziska Wilke, Marko Neumann und Julian Feller

In Thüringen existiert seit geraumer Zeit eine stark verwurzelte Neonazi-Szene. Mittlerweile sind ganze Familien und gar ganze Ortschaften in der Szene aktiv. Während eine rassistische Alltagskultur besonders in den ländlichen Gebieten boomt, bricht hier der Widerstand weg. Antifaschistische Aktivist*innen gehen lieber in große Städte oder ziehen sich aus der Szene zurück. Immer wieder werden auch die Aktivist*innen selbst Opfer rechter Gewalttäter*innen. [1]

Unter dem Namen „Combat 18“ hatten sich europaweit jahrelang gewaltbereite Neonazis zusammengeschlossen – auch in Deutschland, bis die Gruppe hier verboten wurde. Nun scheint „Combat 18“ in Deutschland wieder aktiv, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht. Nach Recherchen des NDR und der „Süddeutschen Zeitung“ verfügen die Ermittlungsbehörden zudem über zahlreiche konkrete Hinweise zu Aktivitäten der Gruppe. „Combat 18“ gilt als der bewaffnete Arm der europaweit aktiven Neonazi-Gruppe „Blood and Honour“. Beide Gruppierungen sind in Deutschland seit dem Jahr 2000 verboten. [2]

Das Zeichen von »Blood & Honour« – ein Hakenkreuz mit drei statt vier Armen – tauche trotz Verbots wieder vermehrt in Thüringen auf, sagte die LINKEN-Landtagsabgeordnete Katharina König dem Sender. Sie sprach von 30 Vorfällen mit entsprechender Symbolik. Dabei verwies sie darauf, dass der militante Arm der Gruppierung, »Combat 18«, auch Bombenanschläge verübe. [3]

Auch das Landeskriminalamt bestätigt: Thüringen hat wieder „Blood and Honour“-Strukturen. Deswegen gab es schon im November vier Durchsuchungen in Suhl und Zella-Mehlis. Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer bemängelt, dass man solche Nazistrukturen lange als Saufkumpels abgetan hätte, die sich mit verbotenen Abzeichen wichtigmachen wollten: „Wir müssen aber feststellen, dass es internationale Vernetzungen – Österreich, Schweiz, Ungarn – gibt, die hier auch bei Veranstaltungen auftreten, sichtbar auftreten. Und dass sie umgekehrt auch unterwegs sind zu Schießtrainings ins Ausland.“ [4]

„Blood & Honour“ entstand in den 1980er Jahren in England, gegründet von Ian Stuart Donaldson, dem Sänger der rechtsextremen Band „Skrewdriver“. Sein Ziel: Neonazistische Bands sollten sich besser untereinander vernetzen können und so ihre Ideologie verbreiten. „Blut und Ehre!“ war eingeätzt auf den Messerklingen der Hitlerjugend. Der Slogan taucht auch in den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 auf, in denen sich das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ befindet. [5]

Auch die NSU-Terroristen, auf deren Konto zehn Morde gehen, hätten sich „Combat 18“ verbunden gefühlt, sagt der Münchner Rechtsanwalt Yavuz Narin. Er recherchiert seit Jahren in der rechtsradikale Szene. Rassenkrieg ohne Bekennerschreiben, begangen durch kleine Zellen, das sei eine von „Combat 18“ und „Blood and Honour“ propagierte Strategie. Narin ist sich sicher: Die rechtsextremen Gruppierungen haben nie aufgehört zu existieren, einige ihrer Mitglieder würden sich heute nur anders bezeichnen. [6]

„Combat 18“ steht für Kampfgruppe Adolf Hitler. Ihr Ziel ist es, Terror zu verbreiten. Die Zellen sind nach dem Prinzip des „Führerlosen Widerstandes“ organisiert. Sie bereiten ihre Anschläge ohne direkte Verbindungen zu anderen Zellen vor und ziehen sie auch alleine durch. Wie das genau ablaufen soll, wird in den „Turner Tagebüchern“ beschrieben. Einer verbotenen Hetzschrift, in der im Detail steht, wie sich die Gruppen durch Überfälle finanzieren und wie sie ihre Lebensumstände gestalten sollen. [7]

Fußnoten:

[1] http://www.belltower.news/artikel/warum-konnte-sich-der-hass-th%C3%BCringen-kultivieren-11947

[2] https://www.tagesschau.de/inland/combat-103.html

[3] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1050794.blood-and-honour-ist-in-thueringen-wieder-aktiv.html

[4] http://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/blood-and-honour-neonazi-strukturen-thueringen-100.html

[5] https://www.vice.com/de/article/in-thuringen-ist-blood-and-honour-jetzt-offiziell-wieder-aktiv

[6] http://www.br.de/nachrichten/rechtsaussen/blood-and-honour-combat-18-bayern-100.html

[7] https://correctiv.org/blog/ruhr/artikel/2017/05/04/spinnen-im-terrornetz/