DIE RECHTE floppt mit „Tag der deutschen Zukunft“ in Karlsruhe

"Nazis aus der Deckung holen" - Antifaschistische Demonstration gegen Rassismus und rechte Gewalt.

 

Die nächste Blamage für die neofaschistische Szene in der Bundesrepublik: weniger als 300 Nazis kamen vergangenen Sonnabend zum mittlerweile neunten „Tag der deutschen Zukunft“ nach Karlsruhe. Mehr als 3.000 Gegendemonstrant*innen und Auflagen der Verwaltungsbehörden verhagelten den Neofaschist*innen den Tag. Die Polizei prügelte mit Schlagstöcken, Pfefferspray und einer Pferdestaffel den Nazis den Weg frei.

Von Franziska Wilke, Julian Feller und Marko Neumann

Mit Trillerpfeifen, Konfetti und bunten Fahnen haben mehr als 3.000 Menschen am Samstag im Karlsruher Stadtteil Durlach ein Zeichen gegen Fremdenhass und Rechtsextremismus gesetzt.Die neonazistisch ausgerichtete Partei DIE RECHTE hatte zum „Tag der deutschen Zukunft“ aufgerufen. Rund 300 Rechtsextreme versammelten sich in Karlsruhe, bis zu 900 aus dem ganzen Bundesgebiet waren erwartet worden. Am Rande der Kundgebungen kam es zu Auseinandersetzungen. 19 Personen wurden vorläufig festgenommen.2

Menschen jeden Alters, darunter viele Familien, protestierten mit Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund an der Spitze im Stadtteil Durlach mit Sprechchören, Ballons, Trillerpfeifen und Plakaten gegen die Rechten. Die Polizei schätzte die Zahl der Gegendemonstranten auf 2700, ein Aktionsbündnis gegen die Rechtsextremen sprach von 4000.3

„Wer schweigt, stimmt zu. Ich finde es wichtig, Flagge zu zeigen“, meinte eine Karlsruherin. Viele Geschäfte hatten sicherheitshalber geschlossen. In ihren Schaufenstern positionierten sie sich aber gegen Rechts, genauso wie Cafés oder Anwohner mit Plakaten an ihren Häusern. „Braun ist von gestern, bunt ist in“ oder „Lieber 1000 Geflüchtete als einen Nazi als Nachbarn“, hieß es auf teils fantasievoll gestalteten Transparenten.4

Bereits die internen Auflagen, die Blockbildung und schwarze Fahnen untersagten, dürften Teile der erlebnisorientierten Autonomen Nationalisten abgeschreckt haben. Neonazis aus Hessen beschwerten sich zudem, dass ihnen Informationen vorenthalten worden waren. Sie fuhren nach Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten wieder nach Hause.5

Auch die Versammlungsbehörden hatten Auflagen: Sie untersagten zwölf Neonazis das Reden vom Lautsprecher-Lkw und ließen einige Ordner nicht zu. Grund waren „einschlägige“ Reden und bekannte Gewalttäter unter den Ordnern, denen man nicht zutraute, auf andere potenzielle Gewalttäter mäßigend einzuwirken. So waren der Anmelder Manuel Mültin (Landesvorsitzender der Partei Die Rechte Baden-Württemberg), Christian Worch als Co-Anmelder und Bundesvorsitzender der Partei Die Rechte sowie eine unbekannte Frau die einzigen Redner an diesem Tag. Der Aufmarsch verzögerte sich, da die Versammlungsbehörde die nachträglich benannten Ordner erneut genau prüfte.6

Die Polizei war mit einem Großaufgebot von 3000 Einsatzbeamten vor Ort und setzte die Trennung von Nazis und Gegendemonstranten durch. „Das Sicherheitskonzept ist weitgehend aufgegangen“, bilanzierte der Karlsruher Polizeipräsident Günther Freisleben nach dem Ende der Demonstrationen. Das sahen Antifaschisten komplett anders. So sprach DIE LINKE in Karlsruhe von „erschreckenden Übergriffen der Polizei auf Gegendemonstranten“. „Neben einem ausufernden Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray ritt eine Pferdestaffel ohne Vorwarnung in die Gegendemonstration und schlug auf sie ein“, teilte die Partei mit.7

Parallel dazu lief in der Karlsruher Innenstadt ein noch bunterer Umzug: der Christopher Street Day. Unter dem Motto „Bunte Liebe statt brauner Hass“ war auch er dem Protest gegen rechtes Gedankengut gewidmet. Allein hier kamen nach Schätzung 2.000 Menschen. Zu den verschiedenen Veranstaltungen gegen die Rechte hatten weit über 100 Organisationen aufgerufen.8

Bei der abschließenden Übergabe des Demonstrationsbanners erfolgte offiziell immer die Bekanntgabe des nächsten Veranstaltungsortes. 2018, zur zehnten Veranstaltung, trifft sich die Szene in Goslar, von Worch im NS-Duktus als „Reichsbauernstadt“ vorgestellt, einem Beinamen, den die Stadt mit großer mittelalterlicher Tradition zwischen 1936 und 1945 trug.9

Fußnoten: