Die Talfahrt setzt sich fort: AfD-Aufmarsch mit gerade einmal 150 Teilnehmenden

Mehr als 3.000 Menschen haben sich in Rostock den 150 AfD-Sympathisant*innen entgegengestellt. Rostock bleibt bunt!

Nicht mehr als 150 AfD-Anhänger*innen kamen am Mittwoch in die alternativ geprägte Kröpeliner Tor Vorstadt. Damit hat die Serie der AfD-Aufmärsche in Rostock einen neuen Tiefpunkt erreicht, am Ende wurde die AfD regelrecht vom Doberaner Platz gejagt, wo sie ursprünglich ihre Abschlusskundgebung abhalten wollte. Den Rassist*innen standen über 3500 Menschen entgegen, die die rechte Hetze nicht hinnehmen wollten. Etwa 1.000 Polizeibeamt*innen schützten jedoch auch dieses Mal das Häuflein AfDeppen.

Von Janin Krude und Marko Neumann

Es war der Versuch einer Provokation, der gründlich scheiterte: mit ihrem Aufmarsch durch die alternative KTV in Rostock wollte die selbsternannte „Alternative für Deutschland“ für große Furore sorgen. Am Ende kamen so wenig Anhänger*innen, wie noch nie: gerade einmal 150 Personen versammelten sich am Startpunkt des AfD-Aufzuges am Ulmenmarkt. Vorbei sind die Zeiten, in denen die AfD hunderte Menschen in der Stadt mobilisieren konnte.

AfD-Aufmärsche als Resterampe für politisch Halbtote

Als Hauptredner*innen waren im Vorfeld u.a. André Poggenburg angekündigt worden. Poggenburg gehörte lange zu den wichtigsten Politiker*innen der AfD. Er trat nach innerparteilichen Querelen im März jedoch als Fraktionsvorsitzender der Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt sowie als Landesvorsitzender zurück. Poggenburg spielt heute faktisch kaum noch eine Rolle in der AfD. Auch Michael Stürzenberger, ehemaliger Vorsitzender der rechtsnationalen Splitterpartei „Die Freiheit“ trat als Redner auf. Stürzenberger gilt, wie Poggenburg, als rechter Hardliner, hat aber ebenfalls nur noch geringen Einfluss auf die Entwicklung der rechten Bewegung um AfD, Pegida und co. Mehr und mehr entwickeln sich die Rostocker Aufmärsche zur Resterampe für politisch Halbtote.

Trotz massiver Polizeipräsenz: Proteste verdrängen AfD-Aufzug

Trotz eines massiven Aufgebots von knapp 1.000 Beamt*innen aus M-V, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bremen, Berlin und der Bundespolizei sowie weitreichenden Absperrungen mit Hamburger Gittern und dem Aufgebot mehrerer Wasserwerfer verlor die Polizei zeitweise offenbar die Übersicht. Während der Rostock Nazifrei-Demo spalteten sich mehrere hundert Menschen von der Hauptdemo ab und gelangen ohne die Überwindung von Gittern oder das Durchfließen von Polizeiketten direkt auf den Doberaner Platz. Der Druck am Doberaner Platz war schließlich so groß, dass die AfD dort ihre geplante Abschlusskundgebung verschob – sie wurden unter „Ganz Rostock hasst die AfD“-Rufen regelrecht vom Platz gejagt. Schließlich musste die AfD dann auf leerer Straße etwa 300 Meter vom Doberaner Platz entfernt abhalten. Doch auch hier schallten ihnen die Trillerpfeifen und Sprechchöre der Gegendemonstrant*innen– wenn auch von etwas weiter entfernt – laut entgegen. Bockig riefen die AfD-Anhänger*innen „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“; kurz danach wurde der Miniaufzug beendet.

Niedergang der AfD-Aufmärsche kein Grund für weniger Widerstand

Insgesamt zeichnet sich der stetige Niedergang der Aufmarschserie durch Rostock an. Das mag zum einen an den für AfD-Sympathisant*innen ungemütlichen Vierteln, durch die die AfD marschieren möchte, liegen – mehr noch aber dürfte der stetige Widerstand gegen die Aufzüge in Rostock dafür sorgen, dass die Aufmärsche immer unpopulärer werden. Die starke Verkürzungen der Marschrouten, lauter und bunter Protest und nicht zuletzt der Widerstand der Anwohner*innen vor Ort machen solche Termine immer mehr zum politischen Spießroutenlauf, bei dem für die Rechten kein Blumentopf zu holen ist.

Trotzdem darf die AfD in Rostock nicht unterschätzt werden, denn auch im kommenden Jahr werden weitere Aufmärsche folgen. Der ständige Widerstand gegen rechte Hetze der AfD und anderer Rassist*innen muss deshalb ungebrochen weiter gehen. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass sich energischer Protest lohnt.

Lassen wir nicht locker, bis der AfD auch die letzten Anhänger*innen davonlaufen! Gemeinsam für ein weltoffenes und buntes Rostock!

Presse- und Medienschau (wird fortlaufend ergänzt):

▪ OZ: Demos in Rostock: Rekordprotest gegen die AfD [12.12.18]

▪ NK: 2500 Menschen stellen sich AfD-Demo in Rostock entgegen [12.12.18]

▪ RTL: Friedlicher Verlauf von AfD-Demo in Rostock [12.12.18]

▪ OZ: AfD-Demo in Rostock am 12. Dezember 2018 – Bilderstecke [12.12.18]

▪ SVZ: Aufmärsche bleiben friedlich – mit Video [12.12.18]

▪ NNN: 200 AfD-Anhänger treffen auf 3200 Gegendemonstranten – mit Video [12.12.18]

SVZ: AFD demonstriert in der KTV: „Wir sind nicht braun, wir sind blau“ [13.12.18]

▪ ER: AfD-Veranstaltungen schrumpfen zu Kleinstdemos [13.12.18]