Landesverfassungsgericht gibt AfD-Politiker recht

Das Wort „Neger“ ist für das Landesverfassungsgericht kein ausschließlich abwertender Begriff. Der AfD-Politiker Nikolaus Kramer darf die Vokabel benutzen, ohne dafür im Landtag gerügt zu werden. Kramer hatte gegen einen entsprechenden Ordnungsruf geklagt.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Der AfD-Landtagsfraktionschef Nikolaus Kramer hat vor dem Landesverfassungsgericht in Greifswald im Streit mit dem Landtagspräsidium Recht bekommen. [1] Hintergrund ist eine Landtagsdebatte im Oktober 2018, in der der AfD-Antrag zum Leistungsmissbrauch von Asylbewerbern diskutiert wurde. Dort habe Kramer wiederholt das Wort „Neger“ benutzt, seinen Angaben zufolge durchaus bewusst. Er wolle sich nicht vorschreiben lassen, was ein Schimpfwort sei, so Kramer. [2]

Ein Landtagsmitglied kann zur Ordnung gerufen werden, wenn es die Würde oder die Ordnung des Hauses verletzt. Der Ordnungsruf von Landtagsvizepräsidentin Mignon Schwenke (DIE LINKE) erfüllte nach Auffassung des Gerichts diese Voraussetzungen aber nicht. Schwenke habe den Ordnungsruf pauschal für mehrere Verwendungen des beanstandeten Wortes in unterschiedlichen Zusammenhängen erteilt. [3]

Die Würde des Hauses sei aber nicht in allen Fällen verletzt worden. So habe Kramer das Wort in einer Debatte um Leistungsmissbrauch durch Asylbewerber in einem Zwischenruf verwendet, aber auch in einem Redebeitrag, in dem er erläuterte, dass er das Wort bewusst gewählt habe. Die Landtagspräsidentin differenzierte nicht näher zwischen den verschiedenen Verwendungen. [4]

Das Landesverfassungsgericht befand zudem, dass das Wort „Neger“ nicht zu den Begriffen zählt, die ausschließlich der Provokation oder der Herabwürdigung anderer dienen können. Es werde zwar nach heutigem Sprachgebrauch in der Regel als abwertend verstanden. Ob es tatsächlich so gemeint sei, könne jedoch nur aus dem Zusammenhang heraus beurteilt werden. Der Ordnungsruf habe den Abgeordneten somit in seinem Rederecht verletzt. [5]

Fußnoten:

[1] https://www.sueddeutsche.de/panorama/prozesse-greifswald-streit-um-zwischenruf-verfassungsgericht-gibt-afd-ler-recht-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191219-99-198957?fbclid=IwAR25JEwy8_0x9ZAUffOCHK1WJ_haLZAY5nb0l8sJWtIkNoFMZf7d0Gi0YX8

[2] https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Verfassungsgericht-Greifswald-gibt-Kramer-Recht,kramer252.html

[3] https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/lverfg-1-19-mecklenburg-vorpommern-landtag-ordnungsruf-afd-neger/?fbclid=IwAR1y04mZxTCj82SGA_bzhpRy97TOyHNo0zeyvH0NxnKxcMYgwpekwfpcxtc

[4] https://www.sueddeutsche.de/panorama/prozesse-greifswald-streit-um-zwischenruf-verfassungsgericht-gibt-afd-ler-recht-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191219-99-198957?fbclid=IwAR25JEwy8_0x9ZAUffOCHK1WJ_haLZAY5nb0l8sJWtIkNoFMZf7d0Gi0YX8

[5] https://www.n-tv.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/Streit-um-Zwischenruf-Verfassungsgericht-gibt-AfD-ler-Recht-article21467372.html?fbclid=IwAR0E-edCub2-3XayDb6wU6BZpCffCwI4AN17I99pndaXKUALHfZdzujFhoA