Landtags- und Bundestagswahlen: Rassist:innen trotz Stimmenverluste auf hohem Niveau

Die rechtsextreme „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist trotz Verlusten erneut mit Fraktionsstärke in den Deutschen Bundestag und den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern einbezogen. Andere Rechtsaußen-Parteien, wie Der Dritte Weg oder die NPD, hat sie nahezu verdrängt.

Von Franziska Wilke und Janin Krude

Gedämpfte Stimmung bei den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Tino Chrupalla sowie bei Jörg Meuthen, dem Bundessprecher der AfD auf der Pressekonferenz am Montag nach dem Wahlabend. Das Wahlergebnis der AfD sei sowohl „Licht als auch Schatten“, beurteilt Meuthen das durchwachsene Ergebnis seiner Partei. [1]

Meuthen, der für die Partei im Europaparlament sitzt, sagte, die AfD müsse intern auch darüber reden, ob es klug gewesen sei, die Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union ins Wahlprogramm zu schreiben. Er sei bei Wahlkampfveranstaltungen oft auf diese trotz aller Kritik an der EU für viele Wähler nicht nachvollziehbare Position angesprochen worden. Das Wahlprogramm und auch das Spitzenkandidatenduo Weidel und Chrupalla hätten die „Kernklientel“ bedient, so Meuthen, der zum vergleichsweise moderateren Flügel der AfD zählt und innerparteilich erheblich unter Druck steht. Es sei aber nicht gelungen, neue Wählerschichten zu erreichen, kritisierte er. [2]

Die AfD kam bei der Bundestagswahl auf 10,3 Prozent der Stimmen. Die Partei verlor damit im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren 2,3 Prozentpunkte. Positiv sei, dass die AfD wieder ein zweistelliges Ergebnis erzielt habe, sagte Meuthen. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass die Partei „erhebliche Stimmenverluste“ erlitten habe. „Unter dem Strich“ sei die Wahl kein Erfolg. Auch bei den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin blieb die AfD hinter ihren Stimmanteilen von den jeweils zurückliegenden Wahlen zurück. [3]

„100 Prozent zufrieden mit dem Ergebnis bin ich nicht unbedingt“, räumte Spitzenkandidat Chrupalla ein, der die Partei seit knapp zwei Jahren als Co-Vorsitzender gemeinsam mit Meuthen führt. Er sprach dennoch von einem „sehr stabilen Ergebnis“. Co-Spitzenkandidatin Weidel sagte, dass sie sich das Ergebnis „nicht schlecht reden lasse, von niemandem“. Auf die Frage, wie sie zu Meuthen stehe, sagte sie: „Er ist ein Charakterkopf. Ich habe immer sehr gerne mit ihm zusammengearbeitet.“ Das klang schon ein wenig so, als sei Meuthen in der AfD schon Vergangenheit. [4]

Die AfD wird in Thüringen und Sachsen stärkste Kraft, und kann darüber hinaus mit Abstand die meisten Direktmandate gewinnen. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg verliert die Partei zwar leicht an Stimmen, kann jedoch ihre starken Ergebnisse verstetigen. In allen vier Bundesländern werden die Landesverbände der AfD vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.

Während 2017 viele Wahlbeobachter die starken Ergebnisse der AfD in den mitteldeutschen Bundesländern als Protestwahl bewerteten, könne das in diesem Jahr nicht mehr gelten, so Rechtsextremismusforscher Oliver Decker vom Else-Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung: „Es zeigt sich, dass es im Osten eine große Zahl von Menschen gibt, die in der AfD ihre politische Heimat findet. Die Interessen dieser Menschen sind offensichtlich antidemokratisch, rechtsextrem und völkisch.“ [5]

Den größten Zuspruch erhielt sie bei der Bundestagswahl von Arbeitern und Arbeitslosen. Damit setzt sie den von Ex-Parteichef Alexander Gauland forcierten Kurs fort, sich als „Partei der kleinen Leute“ zu etablieren. Bei Selbstständigen und Rentnern schnitt die einstige „Professorenpartei“ dagegen deutlich schwächer ab. Im Osten, wo die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Rechtsaußen-Strömung der Partei besonders stark ist, holte sie insgesamt deutlich bessere Ergebnisse als im Westen. In Sachsen und Thüringen schaffte es die Partei mit rund einem Viertel der Zweitstimmen auf Platz eins, in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auf Platz zwei. [6]

Im starken Kontrast dazu gab sich sein parteiinterner Konkurrent Björn Höcke völlig seinem Siegestaumel hin. »Der Thüringer Weg setzt sich durch«, jubelte der Faschist in einer ausführlichen Stellungnahme. Oberflächlich gibt ihm die Statistik recht: Im Freistaat wird die AfD mit 24 Prozent der Zweitstimmen knapp vor der SPD stärkste Partei und holt sogar vier Direktmandate. [7]

Fußnoten:

[1] https://www.belltower.news/bundestagswahl-die-gewinne-und-verluste-der-afd-in-zahlen-121725/

[2] https://www.n-tv.de/politik/AfD-Spitze-kehrt-zum-Machtkampf-zurueck-article22832047.html

[3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestagswahl-und-landtagswahlen-afd-im-richtungskampf-um-bewertung-a-36572325-a016-46de-be84-baab5ca34928

[4] https://www.n-tv.de/politik/AfD-Spitze-kehrt-zum-Machtkampf-zurueck-article22832047.html

[5] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wahlen/bundestagswahl/wahlanalyse-ergebnis-afd-osten-cdu-100.html

[6] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestagswahl-und-landtagswahlen-afd-im-richtungskampf-um-bewertung-a-36572325-a016-46de-be84-baab5ca34928

[7] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157028.nach-der-bundestagswahl-afd-ist-geschwaecht-aber-nicht-gebaendigt.html