Niemand braucht die Polizei auf der FUSION

Die Neubrandenburger Polizei will eine „Mobile Polizeiwache“ auf dem Festivalsgelände der FUSION und „freien Zugang“. Angeblich würden sich „hoch gewaltbereite Personen“ an dem Festival beteiligen. Tatsächlich ist die Fusion eine der sichersten Festivals der Republik. Die einzig gewaltbereiten Personen auf dem Gelände wären bewaffnete und uniformierte Polizist*innen.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Seit über zwanzig Jahren treffen sich am letzten Wochenende im Juni zehntausende Menschen auf einem ehemaligen russischen Militärflugplatz in Mecklenburg-Vorpommern, um zu feiern. „Vier Tage Ferienkommunismus“, so nennen es die Veranstalter*innen des Vereins Kulturkosmos Müritz. Neben dutzenden Bühnen, auf denen vor allem elektronische Musik gespielt wird, gibt es Theater, Kinos und Diskussionsrunden. Seit über zwanzig Jahren stimmt die Polizeibehörde in Neubrandenburg dem Sicherheitskonzept des Fusion Festivals zu. Dieses Jahr nicht. [1]

Das Amt Röbel-Müritz und die Polizei wollen in diesem Jahr mehr Auflagen erteilen als in den vergangenen Jahren und begründen dies mit einer geänderten Gefahrenlage und neuen rechtlichen Bestimmungen. Das Polizeipräsidium Neubrandenburg will eine temporäre Wache auf dem Gelände einrichten. Der Veranstalter lehnte dies mehrfach ab. [2]

Gegen die Pläne der Polizei wehrt sich das Festival seit dem Wochenende mit einer Info-Seite und einer Petition, die schon knapp 90.000 Mal unterschrieben wurde. Erstmals suchen die Veranstalter auch die mediale Öffentlichkeit: ein Novum in der Geschichte der Fusion. [3]

Laut dem Polizeipräsidenten in Neubrandenburg ist eine »Beteiligung politischer, in Teilen hoch gewaltbereiter Personen« zu erwarten. Wer das Festival schon einmal besucht hat, weiß, dass diese Aussage jeglicher Grundlage entbehrt. Mehr noch: In Zeiten, in denen gewaltbereite Nazihorden mit Genehmigung der Behörden durch Plauen marschieren, ist die Aussage kaum an Zynismus zu überbieten: Der Feind steht links. [4]

Der Fall löste eine bundesweite Debatte um die Freiheit der Kunst und die Befugnisse der Polizei auf Kulturveranstaltungen aus. Das Festival erhält Solidaritätsbekundungen aus den unterschiedlichsten Ecken, von grünen und linken Bundestagsabgeordneten über den lokalen FDP-Verband bis hin zu Unternehmen wie der Schweriner Messe und Veranstaltungs GmbH. Das Festival, das eines der größten alternativen Kulturevents Europas ist, gilt als besonders friedlich und hat eine liberale, aber effektive Sicherheitsstruktur. [5]

Die Veranstalter haben in den über 20 Jahren, die es die Fusion gibt, nie wirkliche Probleme mit der lokalen Polizei gehabt. Angesichts einer Teilnehmer*innenzahl von 70.000 Menschen zeigt das nicht nur, wie gut das Sicherheitskonzept der Veranstalter*innen funktioniert. Die Fusion steht damit auch für einen besonders umsichtigen Umgang der Besucher*innen untereinander. [6]

Der Konflikt zwischen Veranstalter und Polizei ist weiterhin nicht gelöst. „Polizei will Fusion Festival verhindern!” Mit dieser Schlagzeile werden Besucher der Internetseite des Trägervereins begrüßt. Darunter heißt es: „Der Polizeipräsident von Neubrandenburg hat sein Einvernehmen mit dem Sicherheitskonzept zum Fusion Festival 2019 verweigert. Aus Sicht der Polizei darf das Fusion Festival 2019 nicht stattfinden.” [7]

Sollte es wirklich gelingen, eine Polizeiwache auf dem Gelände einzurichten, wird das Festival laut den Veranstalter*innen in den nächsten Jahren nicht mehr stattfinden. Das Ende der „Fusion“ wäre für die Region fatal: Denn Festivals wie die „Fusion“ sind in ländlichen Gebieten ein lautes und buntes Gegengewicht zum dörflich-rechten Mainstream. [8]

Fußnoten:

[1] http://taz.de/Fusion-Festival-will-keine-Polizei/!5592545/?fbclid=IwAR3r-VU_SOELsO76HCDj9BXD6EXc6o2aTeSyfLchW6CFrNkdZ3YM4MnWQRk

[2] https://www.nordkurier.de/mueritz/streit-um-fusion-festival-spitzt-sich-zu-0735418005.html

[3] https://netzpolitik.org/2019/fusion-festival-polizeipraesident-bereitet-offenbar-einsatz-mit-1000-polizisten-vor/

[4] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1118126.gefaehrlicher-praezedenzfall.html

[5] https://netzpolitik.org/2019/fusion-festival-polizeipraesident-bereitet-offenbar-einsatz-mit-1000-polizisten-vor/

[6] http://taz.de/Gastkommentar-Polizei-auf-der-Fusion/!5589763/

[7] https://www.uckermarkkurier.de/mueritz/fusion-veranstalter-wehrt-sich-gegen-polizeipraesenz-0635403305.html

[8] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1118126.gefaehrlicher-praezedenzfall.html