NPD-Aufmarsch am Tag der Befreiung: 150 Nazis marschieren in Demmin

Etwa 150 Nazis kamen gestern zum jährlichen „Trauermarsch“ der NPD nach Demmin. Das Bündnis „Demmin nazifrei“ und weitere Initiativen mobilisierten zu mehreren Mahnwachen entlang der Aufmarschroute.

Von Janin Krude und Marko Neumann

Die rechtsextreme Szene in Mecklenburg-Vorpommern schwächelt weiter. In den vergangenen Jahren verlagerte sich das rechte und rechtsextreme Personenpotenzial zunehmend auf die AfD, bei den vergangenen Landtagswahlen flog die NPD aus dem Schweriner Schloss und verlor damit ihre letzte Landtagsfraktion. Den jährlichen Aufmarsch am 1. Mai hat die NPD gleich ganz abgesagt. Um so wichtiger ist für die rechtsextreme Szene der 8. Mai in Demmin.

Kreativer Protest in Sicht- und Hörweite der Nazi-Route

Das Bündnis „Demmin nazifrei“ und weitere Initiativen haben zum Protest gegen den NPD-Aufzug mobilisiert. Mehrere Kundgebungen entlang der Marschroute der Nazis und ein Friedensfest in unmittelbarer Nähe der NPD-Abschlusskundgebung sollten Protest in Sicht- und Hörweite ermöglichen.

Zentraler Anlaufpunkt für die Gegenproteste war das Friedensfest am Hafen. Hier gab es die Möglichkeit, sich für den Tag zu stärken, sich im Schatten auszuruhen und Informationen über den aktuellen Stand des NPD-Aufmarsches einzuholen.

Am späten Nachmittag startete der Stadtspaziergang vom Friedensfest aus, an dem nach NDR Angaben mehr als 1.000 Menschen teilnahmen. Der Spaziergang führte teilweise direkt über die NPD-Route und so setzten sich an der Heilgeiststraße spontan mehrere Teilnehmer*innen auf den Boden. Der Spaziergang wurde hier offiziell für beendet erklärt. Die Polizei drohte mit körperlicher Gewalt die Straße zu räumen, sollten die Demonstrant*innen den Platz nicht verlassen. Schließlich schob die Polizei langsam die Straße frei. Zu Verletzten kam es zumindest ist dieser Situation nicht. Auch an anderen Stellen kam es zu kleineren Sitzblockaden, die aber alle nach kurzer Zeit wieder aufgelöst wurden. Zu einer effektiven Blockade des Naziaufmarsches kam es auch in diesem Jahr nicht.

Entlang der Marschroute der Nazis warteten schließlich mehrere hundert Menschen auf die NPD, um lautstark und bunt den Tag der Befreiung zu begehen und den Nazis ihren Trauermarsch zu vermiesen. Mit säckeweise Konfetti und Partyknallern wurden die Nazis begrüßt, von Trauerstimmung war keine Spur mehr.

Etwa 800 Polizeibeamt*innen schützen NPD

Anders als bei vergangenen Polizeieinsätzen trugen die Beamt*innen die seit diesem Jahr zur Pflicht gewordenen individuelle Kennzeichnung in Form einer Nummer. Auffällig jedoch war, dass die Kennzeichnungen in kritischen Situationen oft verdeckt oder nur teilweise lesbar waren.

An den Absperrungen zwischen NPD-Abschlusskundgebung und Friedensfest fielen Beamt*innen durch Beleidigungen gegenüber den Demonstrant*innen auf. Sätze wie „Quatsch deine Mudder voll“ oder „Du interessierst mich nicht“ waren von einzelnen Beamt*innen zu hören. Auf Twitter wurde berichtet, Polizist*innen hätten mit Nazis per Handschlag begrüßt und anschließend ein nettes Gespräch per „du“ geführt. Stellenweise wurden Landtagsabgeordnete, die durch die Reihen der Polizei wollten, nicht durchgelassen.

Besonders aggressiv zeigten sich Einheiten aus Bremen und Hamburg, die zudem keine Kennzeichnung trugen. So wurde ein junges Mädchen, welches am Rande der Nazi-Route stand von Polizist*innen so hart geschubst, dass sie sich Verletzungen an den Armen zuzog.

Der Naziaufmarsch: Ein Trauerspiel

Der Aufmarsch der NPD zog 2018 noch weniger Nazis an als vergangenes Jahr an, weniger als 150 Nazis trafen sich in Demmin. Die Teilnehmer*innenschaft beschränkte sich dabei lediglich auf einen Rumpf des harten Kerns der rechtsextremen Szene in M-V. Zwar waren Personen wie David Petereit, Stefan Köster und andere bekannte Nazikader vor Ort, Udo Pastörs fehlte jedoch beispielsweise.

Insgesamt wirkten die Nazis recht demotiviert. Der Termin schien für sie mehr wie eine Pflichtveranstaltung um der Öffentlichkeit zu zeigen „wir sind noch da“. Nur eine paar Mecklenburg und Vorpommern Fahnen wurden lustlos von einzelnen Nazis gehalten. Der Elan, den die Nazis noch vor ein paar Jahren nach Demmin mitbrachten, ist längst verflogen.

Trotz des desolaten Zustands der Naziszene im Nordosten wird die NPD auch in den kommenden Jahren wieder am Tag der Befreiung in Demmin aufmarschieren wollen. Zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen rechte Geschichtsverdrehung wird deshalb auch in Zukunft notwendig sein.