NPD und „freie Kameradschaften“: Symbiose der neofaschistischen Szene

Immer wieder wird über den Zusammenhang von nazistischen Kameradschaften und neofaschistischen Parteien diskutiert. Gerade in rechten Hochburgen der Naziszene, wie Mecklenburg-Vorpommern, wird die Verzahnung zwischen Parteien und „freier“ Szene immer deutlicher.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

„Geistige und Seelische Merkmale“ – Zum Völkischen Weltbild der NPD

Die NPD ist eine rassistische und NS-verherrlichende Partei und stellt sich klar gegen eine tolerante und friedliche Gesellschaft. So wird die Gleichheit aller Menschen beispielsweise von der NPD zugunsten einer rassistisch begründeten Bevorzugung aller Deutschen abgelehnt. Die imaginäre Nation ist für die NPD der Dreh- und Angelpunkt ihrer Ideologie. Die Frage, wer zu dieser Nation gehört, wird von ihr rassistisch beantwortet. Auf der Homepage der Bundes-NPD heißt es:

„Ein Afrikaner, Asiate oder Orientale wird nie Deutscher werden können, weil die Verleihung bedruckten Papiers (eines BRD-Passes) ja nicht die biologischen Erbanlagen verändert, die für die Ausprägung körperlicher, geistiger und seelischer Merkmale von Einzelmenschen und Völkern verantwortlich sind.“

Die Herkunft und letztlich „das Blut“ und die „Rasse“ entscheiden für die NPD darüber, wer in diesem Land grundlegende Rechte in Anspruch nehmen darf und wem sie vorenthalten werden. Die Partei knüpft damit an eine Ideologie an, wie wir sie aus der Zeit des historischen Faschismus und seiner singulären Ausprägung in Deutschland kennen. Insofern verwundert es nicht, dass Funktionäre und Kader der NPD immer wieder die NS-Vergangenheit verharmlost und bis an die Grenzen der Holocaustleugnung geht. Eine solche Partei steht eindeutig gegen Frieden und „Völker“verständigung.

Nutzen und Risiken eines Verbots

Ihr Verbot ist eine mögliche Konsequenz. Ein Verbot der NPD allein ist allerdings nicht die Lösung des, zumal ein neues Verbotsverfahren mit Risiken verbunden ist. Schon einmal ist das Verbot der NPD an den „Vertrauens“-Leuten des Verfassungsschutzes gescheitert. Diese machten es dem Bundesverfassungsgericht unmöglich, zu einem Urteil zu kommen. Auch beim neuen Anlauf im Jahr 2013 haben sich die Innenminister der Länder geweigert, eine Versicherung abzugeben, dass das von ihnen vorgelegte Material gegen die NPD nicht von V-Leuten stammt.

Die Frage nach der Bedeutung der NPD für die neofaschistische Szene im allgemeinen ist beim Für und Wider eines NPD-Verbots von essentieller Bedeutung. Ist die NPD nach wie vor zentral für die Szene in Deutschland oder spielt sie nur noch eine nebengeordnete Rolle? Fest steht, die NPD in den letzten Jahren stark an Einfluss verloren und befindet sich in einer politischen und finanziellen Krise. Die Wahlergebnisse der Partei stagnieren seit etwa 2006, die Mitgliederzahlen gehen zurück und die Partei musste aus finanziellen Gründen sogar ihre Mitarbeiter in der Berliner Parteizentrale entlassen. Dennoch spielt sie weiterhin eine wichtige Rolle für die extreme Rechte. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sitzt sie jeweils in der zweiten Legislaturperiode in Folge im Landtag. In vielen Kommunen Ostdeutschlands ist die NPD, trotz Verlusten bei den vergangenen Kommunalwahlen immer noch stark vertreten und spielt nach wie vor eine wichtige Rolle für die Kameradschafts- und sonstige Naziszene. Als Anmelder von Aufmärschen, Kundgebungen, Kinder- und Bürger*innenfesten“, Konzerten und anderen Veranstaltungen nutzt die NPD ihr Parteienprivileg für die Naziszene und sorgt für die Sichtbarkeit der Nazis auf der Straße. Trotz der großen finanziellen Schwierigkeiten ist die NPD für einen nicht unerheblichen Teil der neofaschistischen Propaganda im Land verantwortlich. Mit Zeitungen wie der „Deutschen Stimme“ und vielen regionalen Blättern, genannt „Boten“, trägt die NPD Nazipropaganda unter die Menschen. Und trotz unzähliger Spannungen gibt es weiterhin eine enge Zusammenarbeit zwischen NPD und Kameradschaftsszene, wobei die NPD auch nicht vor der Zusammenarbeit mit gewalttätigen Nazis zurückschreckt.

Ein Verbot der NPD wäre ein wichtiger und spürbarer Schlag für die Naziszene in Deutschland – ohne dass damit ein großer Teil der gewalttätigen Nazis verschwinden würde. Nicht zu vernachlässigen ist die alltägliche Auseinandersetzung der Bürger_innen und der Zivilgesellschaft mit Aufmärschen, Propaganda, Konzerten und anderen Veranstaltungen der Naziszene.

Kameradschaften und Autonome Nationalisten

Während die NPD noch ca. 6.000 Mitglieder hat, liegt die Zahl der gewaltbereiten Nazis aus der Kameradschaftsszene weitaus höher. Unabhängige Stellen gehen von mehr als 15.000 Anhängern von Kameradschaften, Vereinen und losen Gruppen aus. Das Potenzial von gewalttätigen Nazis wird selbst vom Verfassungsschutz mit bis zu 10.000 Personen sehr hoch eingeschätzt. Insbesondere die so genannten Autonomen Nationalisten (AN) mit ihrer großen Gewalttätigkeit und einem unkonventionellen Auftreten auf sich aufmerksam gemacht. Ganz in schwarz gekleidet und ohne Scheu vor den zum Beispiel bei der NPD verpönten Anglizismen sind die AN insbesondere für rechte aktionsorientierte Jugendliche in Städten attraktiv. Die symbolische Anknüpfung an Kleidungsstil und Auftreten linker Gruppen (schwarzer Windbreaker, Sonnenbrille und Basecap) ist dabei kein neues Phänomen, sorgt aber immer wieder für Verwirrung in der Öffentlichkeit. Hat sich auch das Outfit geändert, so sind die Inhalte doch die alten: Rassismus, NS-Verherrlichung und hohe Gewaltbereitschaft machen diese Gruppen aus.

Nach wie vor spielt Musik eine zentrale Rolle für die Neofaschist*innen. Konzerte, CD’s und die über Musik und Texte verbreitete Naziideologie sind wichtige Mittel zur Rekrutierung des Nachwuchses. Für Teile der Kameradschaftsszene, aber auch für NPD-Kader, ist das Geschäft mit der Nazimusik einträglich. Die Bedeutung dieses Themas und auch die damit verbundenen Kontakte und Netzwerke lassen sich gar nicht überschätzen, vergegenwärtigt man sich, dass der NSU durch das seit 2000 verbotene aber immer noch aktive Blood & Honour Netzwerk unterstützt wurde.

Rassismus den Boden entziehen

Für eine langfristige Bekämpfung der extremen Rechten müssen wir die Wurzeln rechter Ideologie angreifen: ohne die Bekämpfung gesellschaftlicher Ungerechtigkeiten, wie die HartzIV Gesetze, die Zwei-Klassenmedizin oder sozial ungleich verteilte Bildungschancen, werden dauerhafte Erfolge gegen rassistisches und nationalistisches Gedankengut nicht möglich sein.