Protest in Sicht- und Hörweite nicht gewollt? Einschätzungen zum NPD-Aufmarsch in Wismar

Mehr als tausend Menschen beteiligten sich an den Protesten gegen den NPD-Aufmarsch in Wismar. Trotzdem konnten die Nazis ungestört durch die Stadt marschieren.

Nach dem Verlust ihrer Landtagsfraktion und dem gleichzeitigen Aufstieg der AfD wurde es sehr still um die hiesige NPD. Mit dem Aufmarsch am 1. Mai in Wismar meldete sich die Partei zurück. Das Bündnis Wismar FÜR ALLE organisierte die Proteste, die jedoch wenig effektiv waren.

Von Janin Krude und Marko Neumann

Etwa 250 Neonazis aus M-V an anderen Bundesländern kamen in die Hansestadt Wismar und liefen eine kilometerlange Route durch die Stadt. Das Bündnis Wismar FÜR ALLE rief zu Gegenprotesten auf. Gefolgt waren dem Aufruf mehr als 1.000 Menschen. Dennoch konnten die Nazis weitgehend ungestört marschieren.

Die NPD erwacht mit ihrem Aufmarsch aus einem sprichwörtlichen Dornröschenschlaf. Die nach dem Ausscheiden aus dem Landtag und dem politischen Aufstieg der rechtsnationalen „Alternative für Deutschland“ (AfD) von Vielen totgeglaubte neofaschistische Partei rief zu einem Aufmarsch durch Wismar auf. Die rechtsextremen Aufzüge am 1. Mai waren jahrelang ein fester Termin im Eventkalender der extremen Rechten, bis der Aufmarsch vergangenes Jahr ausfiel.

Die Gegenprotesten

Zu den Gegenprotesten hatte das Bündnis Wismar FÜR ALLE aufgerufen. Obwohl sich insgesamt mehr als 1.000 Menschen an den Protesten beteiligten, konnte die NPD ungestört marschieren.

Die Demo des Bündnisses startete zwar in unmittelbarer Nähe der NPD-Auftaktkundgebung, führte schließlich aber direkt von der NPD weg, was Protest in Ruf- und Hörweite defatco unmöglich machte.

Die Route der Wismar FÜR ALLE-Demo führte auf den Markt, wo später auch die NPD langziehen wollte. Spätestens hier hätte es die Möglichkeit gegeben, den öffentlichen Raum der Stadt zu belegen, um den Nazis nicht das Feld zu überlassen. Stattdessen zog die Demo weiter und überließ der NPD das Feld. Kleinere Blockadeversuche entlang der NPD-Route kamen nicht zum Tragen und wurden von der Polizei u.a. mit Schlagstöcken und Tritten schnell unterbunden.

Der Polizeieinsatz

Die Polizei sperrte mit einem Großaufgebot weite Teile der Wismarer Innenstadt ab und war mit einem Großaufgebot mit mehreren hundert Beamt*innen vor Ort. Die brachiale Gewalt vieler Beamt*innen zeigte einmal mehr, dass das vermeintliche Recht der Nazis in der Öffentlichkeit aufzumarschieren höher eingeschätzt wird, als der zivile Ungehorsam gegen menschenverachtende Ideologien. Auch wurden die individuellen Kennzeichnungen der Beamt*innen oft verdeckt bzw. nicht sichtbar.

Das Fazit

Mit 250 Teilnehmenden ist die Beteiligung am diesjährigen Maimarsch leicht geringer als in den vergangenen Jahren, trotzdem verbucht die NPD wenige Wochen vor den Europa- und Kommunalwahlen ihren Aufzug als Erfolg. Die Nazis konnten ungestört knapp neun Kilometer quer durch die Stadt laufen und Udo Pastörs, Stefan Köster und co. konnten ihre üblichen Phrasen während ihrer Redebeiträge dreschen.

Als Fazit für bleibt: ein effektiver Widerstand gegen den rechtsextremen Aufmarsch wäre möglich gewesen, wenn der Protest besser organisiert und geplant gewesen wäre. Völlig richtig schrieb die AST Nordwestmecklenburg auf Twitter: „Schade das ein grösserer Protest in Sicht und Hörweite anscheinend von den Organisatoren nicht gewollt ist.“. Mit dem Ausbleiben größerer Blockade(versuchen) wurde die Stadt der NPD nicht nur weitestgehend überlassen, sondern die Nazis geradezu eingeladen, wieder zu kommen.