Rechte Netzwerke aufdecken: Compact-Konferenz verhindern

Am 25. November 2017 soll in Leipzig die sechste „Compact-Konferenz für Souveränität“ unter dem Titel „Opposition heißt Widerstand“ stattfinden. Für uns heißt dies im Vorfeld und am Tag selbst aktiv zu sein, der Konferenz, ihren Inhalten und ihren Akteur*innen etwas entgegenzusetzen. Unser Ziel ist: stören, erschweren, verhindern.

Aufruf des Aktionsbündnisses No Compact gegen die 6. „Compact-Konferenz für Souveränität“

Doch warum ist eine Auseinandersetzung mit einer einzelnen Veranstaltung bzw. einer einzelnen Zeitschrift eigentlich so wichtig? Wir wollen versuchen, einige Aspekte dieser Frage im Nachfolgenden zu beleuchten.

WER UND WAS IST EIGENTLICH COMPACT?

Compact ist ein seit 2010 monatlich erscheinendes Magazin, welches als Querfront-Projekt gestartet wurde und inzwischen als medialer Arm von Pegida über die Alternative für Deutschland (AfD) bis zu den Identitären gilt. Nach Recherchen der Zeitung “Die Zeit” hat es eine Auflage von 70.000 Exemplaren. Die Redaktion versteht Compact als Kontrapunkt in einer angeblich „gleichgeschalteten“ Medienlandschaft von „Einheitsmedien“, die von wenigen Verlagsgruppen wie der Axel Springer SE, Hubert Burda Media, Bertelsmann, der Funke Mediengruppe und den „Systemparteien“ kontrolliert würde. Compact sieht sich somit als Gegenbild und begründet die Theorie der gleichgeschalteten Medien mit dem starken Einfluss der USA. Deutschland sei schließlich kein souveränes Land.

Anfangs schrieben öffentlich bekannte Personen wie Peter Scholl-Latour und Thilo Sarrazin regelmäßig Beiträge und nahmen an Konferenzen als Referenten teil. Seit 2013 trägt es den Zusatz „Magazin für Souveränität“. Souveränität meint dabei vor allem die angeblich fehlende Souveränität der Deutschen. Als Chiffre steht die herbeigesehnte Souveränität dabei für alles, wonach sich die Rechte sehnt: mehr Nationalismus und weniger EU, mehr „wir hier unten“ und weniger „die da oben“, und überhaupt sei Deutschland kein eigenständiger Staat.

Geschäftsführer ist Kai Homilius, der zusammen mit Mario Rönsch einer der Administratoren der berüchtigten, inzwischen gelöschten Facebook-Seite „Anonymous.Kollektiv“ war, die vor allem mit Falschmeldungen und Verschwörungstheorien vorrangig gegen Menschen mit Migrationshintergrund Stimmung machte. Herausgeber Elsässer hat inzwischen die Zusammenarbeit mit Rönsch eingestanden.

Unter anderem schreibt auch der ehemalige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen Helmut Roewer mit, in dessen Ägide die Gründung des NSU fällt und der immer wieder mit Relativierung des rechten Terrorismus aufgefallen ist.

Obwohl Compact unabhängig sein will, fällt auf, dass viele Artikel nicht selbst recherchiert wurden, sondern die von der sog. „Lügenpresse“ ermittelten Daten und Fakten zum Teil eigenwillig wieder zusammengesetzt werden. Stellenweise werden ganze Sätze kopiert, was diesen Fakt verdeutlicht.

AFD UND COMPACT, MEHR ALS FLÜCHTIGE BEKANNTE

Die Schwerpunktsetzung des Magazins ist seit 2015 die Hetze gegen Geflüchtete und die Verbreitung menschenfeindlichen Gedankengutes – also vorrangige Themen der AfD. Das Magazin verbreitet Hass und Hetze im Sinne der Partei und diese bekommt den Zuspruch in Form von Wähler*innenstimmen. Im Wahlkampf wurde dann komplett auf Wahlwerbung für die AfD umgestellt. Vorrangiges Ziel war es, die AfD als parlamentarischen Arm der völkischen Bewegung zu platzieren.

Die Zusammenarbeit und Wahlkampfunterstützung erfolgte aber auch direkt. So bekam André Poggenburg kurz vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt einen exklusiven Live-Auftritt und konnte hier die Ziele der AfD verbreiten. Die Zusammenarbeit setzte sich mit dem Auftritt Poggenburgs bei der letzten Konferenz fort. Aber auch andere Vertreter*innen des rechtsradikalen Flügels der AfD sind willkommene Partner*innen für Elsässer.

Das Magazin verfolgt also seit 2010 systematisch den von der NPD einst postulierten „Kampf um die Köpfe“, dessen Erfolge sich in den Wahlergebnissen der AfD widerspiegeln. Eine unheilige Allianz.

Interessant wird das Zusammenspiel besonders, wenn ein weiterer Effekt betrachtet wird: durch Compact bekommt die AfD nicht nur kostenlose Wahlwerbung, die Anhäng*innenerschaft zahlt sogar dafür mit dem Kauf des Magazins oder der Teilnahme an der kostenpflichtigen Konferenz.

DER CHEFREDAKTEUR

Der Herausgeber und Chefredakteur des Compact-Magazins ist Jürgen Elsässer. Politisch engagierte er sich u. a. beim Kommunistischen Bund in Stuttgart und publizierte in diverser linker Presse wie Bahamas, Jungle World, Junge Welt, Konkret und Neues Deutschland. Er war einer der prominenten Vertreter der antideutschen Bewegung. Seit der Jahrtausendwende kam es zum sukzessiven Bruch mit der linken Szene. So trennten sich Junge Welt, Jungle World und auch die Konkret aufgrund seiner Positionen zum Irakkrieg von ihm. Zitate wie „Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden und sich oft auch keine Kita, kein Schwimmbad und keine warme Wohnung mehr leisten können“, waren darauf öfter zu hören.

Seit Bestehen des Magazins bestimmt er maßgeblich seine Ausrichtung mit. Heute ist Elsässer gern gesehener Gast auf Veranstaltungen von Pegida und seinen Ablegern.

Seine Argumentation ist stets die gleiche. Als selbst ernannter „Volksvertreter“ spricht er diesen Titel allen Repräsentant*innen der Parteien abseits der AfD ab. Diese würden vielmehr im Auftrag heimlicher Kräfte agieren. An sich bereits ein antisemitisches Stereotyp wird Elsässer auch konkret und bedient antisemitische Mythen, wenn er bspw. der jüdischen Familie Rothschild finstere Machenschaften zur Knechtung der Massen unterstellt. Kapitalistische Produktionsweise wird auf die Handlungen einzelner Konzerne und Personen reduziert. Die reale Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft sieht Elsässer befriedet in der Besinnung auf Blut und Boden. Soziale Kämpfe werden zu ethnischen Konflikten umgelogen und ein Keil zwischen proletarisierte Menschen getrieben. Folgerichtig trat Elsässer Karl Marx‘ Anliegen mit Füßen, als er am 1. Mai 2017 bei Pegida davon sprach: „Proletarier und Patrioten aller Länder vereinigt euch!“

Entgegen der Forderung eines guten Lebens für alle wird somit eine falsche Einheit beschworen, die an Unterdrückung und Ausbeutung nichts auszusetzen weiß. Vielmehr wird am Prinzip von Herrschern und Beherrschten festgehalten. Die permanente Opferrolle und das Gestammel über die einzig wirkliche Vertretung des Volkes ist an Lächerlichkeit schwer zu überbieten. Der simplen Welterklärung folgt die wahnhafte Vorstellung, jede Kritik an solchen völkischen Vorstellungen seien staatlich gesteuert und Gegenprotest gar bezahlt.

DIE KONFERENZ

Die jährlich an wechselnden Orten stattfindende Konferenz dient vor allem der Vernetzung und dem Austausch verschiedenster rechter Akteuer*innen. Die diesjährige „Oppositionskonferenz“ wurde bereits vor der Bundestagswahl wie folgt beworben: „Wie können wir Deutschland retten? Auf der 6. Compact-Souveränitätskonferenz diskutieren die wichtigsten Vertreter der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition.“ Die als „Opposition“ eingeladenen Referenten sind allesamt völkische Ideologen, deren autoritäre Krisenlösungen Zwangskollektive ohne individuelle Freiheiten zum Ziel haben.

DIE REDNER

Oliver Hilburger, angekündigt als „oppositioneller Betriebsrat“, ein Mitbegründer von Zentrum Automobil e.V. – einer rechten Gewerkschaft – und ehemaliges Mitglied der 2010 aufgelösten Nazi-Band „Noie Werte“ soll zum Thema „Den Widerstand in die Betriebe tragen“ sprechen.

Gemeinsam ist den Besucher*innen der Compact-Konferenz, dass sie sich für die „wahre Opposition“ halten: von Linkspartei bis CSU seien alle „dem Volk“ und Deutschland feindlich gesonnen und arbeiteten mit Gleichstellungspolitik, Bildungsplänen, Einwanderungspolitik und „Lügenpresse“ am Untergang. So können sich die Teilnehmenden allzeit als Tabubrecher*innen gegen „political correctness“ und als Opfer eines vermeintlich anti-deutschen Establishments darstellen: in feinster „Das-wird-man-ja-noch-sagen-dürfen“-Manier bedient die Compact jedes menschenverachtende Ressentiment.

Martin Sellner und Lutz Bachmann sollen auf der Konferenz zu den „nächsten Aufgaben der außerparlamentarischen Bewegung“ diskutieren. Bachmann, der selbst ständig mit dem Gesetz im Konflikt steht, hat es mit Pegida geschafft, eine faschistoide außerparlamentarische Bewegung zu schaffen, die erfolgreich die Vorfeldarbeit für die AfD geleistet hat. Neben der Hetze gegen „das System“ und „die etablierte Politik“, steht bei Pegida der Hass gegen „den Islam“ im Mittelpunkt. Hier werden Ängste geschürt, Tatsachen verdreht, falsche Informationen verbreitet und so der Keim für Hass und Angriffe auf Menschen mit Migrationsgeschichte gelegt. Es ist ein permanentes Zündeln, welches gerade in Sachsen auf einen Nährboden kultureller Selbstgenügsamkeit und latenter Fremdenfeindlichkeit fallen konnte.

Sellner, einer der Anführer der rechten Identitären Bewegung Österreich, versucht auch in Deutschland rechtsradikale Hetze besonders unter jungen Menschen salonfähig zu machen. Mit ihrem ethnopluralistischkulturrassistischem Konzept kodiert die Identitäre Bewegung „Rasse“ als „Kultur“ um und verpackt damit ihre rassistischen Inhalte in jovialer Geste. Die Identitäre Bewegung folgt damit dem Ansatz der Neuen Rechten, denen der Rassismus ohne Verwendung des Begriffes Rasse innewohnt. Sie behaupten, jedes Volk besäße eine eigene Kultur und eine Vermischung derer würde zum Aussterben der eigenen führen.

Ein Grundgedanke rechter Theorien wird deutlich: gesellschaftliche Verhältnisse werden mit vermeintlich natürlichen, geradezu biologischen Kategorien erklärt und nicht als historisches Spannungsverhältnis sozialer Kämpfe. Kultur wird vorgeblich als nationale Eigenschaft über Geburt und Familie vermittelt. Die latente Gefahr dieses Konzeptes wird deutlich, wenn all die popkulturellen Bezüge der Identitären Bewegung als Stilelement einer vorgeblich kosmopolitischen Kommunikation aufgezeigt werden. So sehr auch von Vielfalt und nicht von Rassismus die Rede sein mag – im Kern bleibt der Ethnopluralismus eine Idee von erzwungenen Kollektiven, welche von Ausgrenzung und fehlender Individualität bestimmt ist. Die „Schicksalsgemeinschaft“ genießt immerzu Vorrang und wird mit modernen Mythen und Märchen untermauert.

UNSERE ANTWORT

Wir wollen aufklären. Bezugnehmend auf die erfolgreiche, gleichnamige Kampagne in Berlin wollen wir Material zur Verfügung stellen, mit dem jede*r Aktive an die Vertriebsstellen des Magazins im Kiez herantreten und die Besitzer*innen aufklären kann. Wir wollen erreichen, dass die Compact-Verkaufsstellen in Leipzig deutlich reduziert werden.

Wir wollen informieren. Wir planen Informationsveranstaltungen. Hier wollen wir breit informieren und möglichst viele Menschen über das Compact-Netzwerk aufklären und den Protest gegen die Konferenz vorbereiten. Es ist notwendig, immer wieder auf die Netzwerke des neuen Faschismus hinzuweisen und die Zusammenhänge deutlich zu machen. Der zentrale Angriff der vermeintlichen „Opposition“ richtet sich gegen die universellen Menschenrechte bzw. die Gleichheit aller Menschen. Ihr Ziel ist die Errichtung eines autoritären Systems.

Wir wollen verhindern. Wir wollen an den erfolgreichen Protest gegen die Compact-Konferenz 2013 in Schkeuditz anknüpfen. Damals gelang es uns, die Anfahrt und die Durchführung der Konferenz massiv zu stören.

Wir sind ein Zusammenschluss unterschiedlicher linker politischer und gewerkschaftlicher Gruppierungen, von Initiativen, Bündnissen, Einzelpersonen, Organisationen und Vereine. Eine Konferenz, die antisemitische, rassistische, völkische, antifeministische, LGBTI-feindliche Positionen verbreitet, werden wir nicht unwidersprochen stattfinden lassen.

Compact-Konferenz – stören, erschweren, verhindern!

Weiteres Mitzeichnen ist möglich bis zum 24.11.2017 → zum Formular

Quellen:

2) Editorial in COMPACT 9/2013 von Jürgen Elsässer

9) Armin Paul Hampel, Vorsitzender der AfD Niedersachsen – COMPACT-Live am 03. März in Northeim; Höcke im Exklusivinterview im COMPACT-Wahlstudio am 4. September 2016 in Schwerin uvm.

10) „junge Welt“, Ausgabe 19. September 2006

15) Ministerpräsident Stanislaw Tillich nach der Bundestagswahl 2017: „Ich unterstütze [die] Forderung nach einem Kurs “Mitte-rechts”.“ https://www.morgenpost.de/politik/article212091167/Stanislaw-Tillich-Das-Wahlergebnis-geht-mir-sehr-nahe.html