Rechte Prepper bei der Polizei M-V? Der Skandal weitet sich aus

Die deutsche Polizei: Kein*e Freund*in und Helfer*in?

Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern sieht sich immer neuen Skandalen ausgesetzt. Die jüngsten Enthüllungen, um (ehemalige) SEK-Beamte, die jahrelang unbemerkt mehrere tausend Schuss Munition entwendet hatten, haben jetzt Konsequenzen.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Im Polizei-Skandal in Mecklenburg-Vorpommern hat Innenminister Lorenz Caffier (CDU) Konsequenzen nach der Festnahme von drei ehemaligen und einem aktiven SEK-Beamten angekündigt. Bei der Einstellung neuer Polizisten will er die Regelabfrage beim Verfassungsschutz einführen, in Einstellungsgesprächen soll außerdem strenger als bisher die Haltung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ermittelt werden. Die Verweildauer von Beamten in Spezialeinheiten soll auf maximal zehn Jahre begrenzt werden, „eher noch weniger“, sagte Caffier am Donnerstag in Schwerin. So soll unter anderem einem Elite- und Korpsdenken vorgebeugt werden. [1]

Ähnlich hatte er sich schon am Mittwoch geäußert, als die Staatsanwaltschaft Schwerin die Festnahme von drei ehemaligen SEK-Männern und einem noch aktiven SEK-Mann verkündete. Caffier betonte, Beamte des SEK genössen ein besonderes Vertrauen, „weil sie oftmals ihre Gesundheit und ihr Leben für unsere Sicherheit riskieren müssen“. Deshalb treffe ihn „dieses Verhalten besonders hart.“ [2]

Ermittlungen und Durchsuchungen bei (ehemaligen) SEK-Beamten

Wie die Staatsanwaltschaft Schwerin am Donnerstag bestätigt, haben die Ermittler bei einem Verdächtigen, einem früheren SEK-Mann, auch eine Maschinenpistolegefunden. Dabei handele es sich um eine Waffe der israelischen Marke „Uzi“, so eine Sprecherin“. Auch zur Frage, wie Munition womöglich gestohlen werden konnte, gibt es neue Erkenntnisse: Nach OZ-Informationen wurden SEK-Leute bisher nicht tiefgründig darauf kontrolliert, ob sie bei Schießübungen die bis zu 500 Schuss pro Tag auch verschossen haben. So falle nicht auf, wenn „Munition in Größenordnungen“ verschwinde, ist zu hören. [3]

Der Polizist soll sich nach Recherchen des NDR in einem Arbeitskreis der Landes-AfD zu Sicherheitsfragen engagiert haben. AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer erklärte Ende Januar, dass für ihn die Unschuldsvermutung gelte. [4]

Am Mittwochmorgen wurden Wohnräume und Arbeitsplätze der Polizisten durchsucht – betroffen waren den Angaben zufolge 14 Objekte unter anderem in Rampe, Waldeck, Banzkow, Rostock und Güstrow. Im Einsatz waren demnach die Staatsanwaltschaft Schwerin, das LKA, das Bundeskriminalamt sowie Polizisten anderer Dienststellen. [5]

Seit Jahren schon buhlt die rechtsextreme Szene um Polizisten, Soldaten und Verfassungsschützer und fordert diese zum „Widerstand“ gegen die herrschende Politik auf. Inzwischen stimmt auch die AfD mit ein. Die Sicherheitsbehörden reagieren unterschiedlich: Einige scheinen die Aufrufe als rechtsextremes Getöse abzutun, andere rüsten sich ernsthaft. [6]

Rechtes Prepper Netzwerk „Nordkreuz“ nur Spitze des Eisbergs?

Die Gruppe „Nordkreuz“ war 2017 ins Visier der Bundesanwaltschaft geraten, weil bei zwei ihrer Mitglieder Datensätze von mehreren Tausend Personen gefunden wurden. Die Karlsruher Behörde vermutete daher, dass „Nordkreuz“-Mitglieder eine von ihnen befürchtete Staatskrise als Chance gesehen haben, Vertreter des politisch linken Spektrums festzusetzen und zu töten. Tatsächlich hatte ein Gruppenmitglied beim Bundeskriminalamt ausgesagt, es habe innerhalb von „Nordkreuz“ einen kleinen Kreis radikalerer Kräfte gegeben, der im Krisenfall Gewalt anwenden wollte. [7]

Die Bundesanwaltschaft hatte 2017 ein Verfahren gegen einen Lokalpolitiker aus Rostock und einen Polizisten aus Ludwigslust eingeleitet – wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die beiden Männer aus dem Prepper-Milieu sollen angesichts der aus ihrer Sicht verfehlten Flüchtlingspolitik den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung befürchtet, Lebensmittel und Munition für ihre Waffen gehortet und für den Tag X die Tötung von Linken geplant haben. Anhand von bereits erstellten Listen mit Namen und weiteren Personalien. [8]

Sogar die Liquidierung von Befürwortern einer toleranten Flüchtlingspolitik sei erwogen worden. Nach Angaben der Schweriner Ermittler hat die Staatsanwaltschaft Ende 2018, Anfang 2019 umfangreiche Datenpakete mit Erkenntnissen über „Nordkreuz“ von der Bundesanwaltschaft zur Verfügung gestellt bekommen mit der Maßgabe, über ein eigenes Ermittlungsverfahren zu entscheiden. Daraufhin sei eine siebenköpfige Ermittlungsgruppe im LKA gebildet worden, die aufgrund des sensiblen Verfahrensgegenstandes innerhalb der Behörde streng abgeschottet gearbeitet habe. [9]

Fußnoten:

[1] https://www.n-tv.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/Polizei-Skandal-in-MV-Minister-kuendigt-Konsequenzen-an-article21084456.html

[2] https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-munitions-diebstahl-lka-suspendiert-beamten-und-stoppt-schiesstraining-fuer-spezialeinheiten/24454330.html?fbclid=IwAR02qAWCq-_dfk6x4OXqkwfNjSlnSDXKdotEeBLlZlx0-5lNW2CfVldS5nA

[3] https://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Polizei-Skandal-Luecken-bei-Kontrolle-von-Munition?fbclid=IwAR35dmBXe2ygIi-ogn8ZHHPVo_2DLvFbHr3DQ6OYI7rMh-3JWGJi78SWEdY

[4] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1120846.prepper-gruppe-nordkreuz-brauner-behoerdensumpf-im-norden.html

[5] https://www.n-tv.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/Polizisten-sollen-LKA-Munition-entwendet-haben-Festnahmen-article21080752.html

[6] https://www.taz.de/Rechte-Umsturz-Aufrufe/!5599939/?fbclid=IwAR35dmBXe2ygIi-ogn8ZHHPVo_2DLvFbHr3DQ6OYI7rMh-3JWGJi78SWEdY

[7] https://www.fr.de/politik/nordkreuz-skandal-wirft-licht-rechte-umtriebe-polizei-12418036.html?utm_medium=Social&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR1KtzPZjh9tkgciNuyeaqgHbXRj2JZ_sgaDiaWdJa1EPfDqju_5f5wQofE#Echobox=1560443049

[8] https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-munitions-diebstahl-lka-suspendiert-beamten-und-stoppt-schiesstraining-fuer-spezialeinheiten/24454330.html?fbclid=IwAR02qAWCq-_dfk6x4OXqkwfNjSlnSDXKdotEeBLlZlx0-5lNW2CfVldS5nA

[9] https://www.fr.de/politik/nordkreuz-skandal-wirft-licht-rechte-umtriebe-polizei-12418036.html?utm_medium=Social&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR1KtzPZjh9tkgciNuyeaqgHbXRj2JZ_sgaDiaWdJa1EPfDqju_5f5wQofE#Echobox=1560443049