Zapatisten in Mexiko stellen Weichen für Präsidentschaftswahlen 2018

Die Menschen der Zapatista-Bewegung folgen noch immer dem gründer Emiliano Zapatista, der 100 Jahre zuvor gegen reiche Großgrundbesitzer aufstand, die Gemeinden für ihre Interessen plünderten. Quelle: kwerfeldein.de

 

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte wollen die Indigenen Völker Mexikos mit einer eigenen Kandidatin für das höchste Amt Mexikos antreten, doch der Weg dorthin ist nicht einfach. Nach der Ankündigung zu den Wahlen überhaupt anzutreten, wurde nun ein weiterer Schritt getan.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Vertreter aller 66 mexikanischen Ethnien und die EZLN einigten sich darauf, einen basisdemokratisch gewählten indigenen Regierungsrat einzusetzen, um das Land angesichts der schweren Krise zu regieren. Dieser solle von einer indigenen Sprecherin geleitet werden, die gleichzeitig 2018 als unabhängige, also parteilose Kandidatin antreten soll. [1]

Am Jahresanfang gab der Nationale Indigene Kongress (CNI) bekannt, eine parteiunabhängige indigene Kandidatin für die Präsidentschaftswahl 2018 aufzustellen. Diese solle einen indigenen Rat repräsentieren. Verkündet wurde diese Neuigkeit feierlich zum 20-jährigen Jubiläum des CNI. Zugleich war es der 23. Jahrestag der Zapatistischen Streitkräfte der Nationalen Befreiung (EZLN), die 1994 bewaffnet mehrere Ortschaften in Chiapas sowie das Rathaus in San Cristóbal besetzt hatten. Die Soldaten der EZLN sind weiterhin bewaffnet, die zivile zapatistische Bevölkerung aber baut friedlich ihre autonomen demokratischen Gemeinden auf. In einem dieser Orte, dem Caracol Oventik, wurden die Delegierten sowie Sympathisanten, Medienschaffende und Neugierige in der prallen Mittagssonne empfangen. Im Mai wird sich wieder getroffen. Dann werden die Kandidatin sowie der indigene Rat, den sie repräsentieren soll, der Öffentlichkeit präsentiert. [2]

Die zentralen Forderungen des CNI für das durch Gewalt, Korruption, Ausbeutung, Diskriminierung und Medienmanipulation zerrissene Land sind die Einhaltung aller Menschenrechte, Geschlechtergerechtigkeit und Respekt für sexuelle Präferenzen, die demokratische Selbstverwaltung in allen Gesellschaftsbereichen, die Kontrolle der Produktionsmittel, der Ländereien und der Dienstleistungen durch die dort jeweils arbeitenden Menschen, das Recht auf kostenlose laizistische Bildung, solidarische Gesundheitsversorgung, erschwinglicher Wohnraum, Glaubens- und Meinungsfreiheit sowie ein konsequenter Schutz der Natur. [3]

Das Vorhaben ist eine Herausforderung an das politische Establishment. Die Idee wurde als Vorschlag bereits vergangenen Oktober vom EZLN an den CNI herangetragen. Eine neue Offensive, denn die Aufstellung einer parteiunabhängigen Kandidatin ist bei dieser Präsidentschaftswahl zum ersten Mal möglich. Doch es gibt einige Hürden – so sind unter anderem 820.000 Unterschriften von Stimmberechtigten aus 17 der 32 Bundesstaaten nötig. Doch der CNI nimmt die Herausforderung an und versucht mit dieser Offensive, alle Kräfte von marginalisierten Gruppen in Mexiko zu vereinen. Subcomandante Moises betont: »Der CNI ruft uns zu einem Kampf, an dem wir alle partizipieren können, unabhängig von Alter, Farbe, Größe, Ethnie, Religion, Sprache, Gehalt, Wissen, physischer Kraft, Kultur oder sexueller Präferenz.« Einige Delegierte denken bereits darüber nach, was passiert, sollte diese Kandidatin gewinnen. Andere sehen diese Offensive vor allem als Mittel zum Zweck, um linke Kräfte zu vereinen. [4]

In Mexiko leben schätzungsweise zehn Prozent Indigene, weitere rund 60 Prozent der 123 Millionen-Bevölkerung haben indigene Wurzeln. Im Alltag sind sie jedoch marginalisiert bzw. diskriminiert und in politischen Ämtern stark unterrepräsentiert. Der indigene Regierungsrat soll deshalb nach dem Willen von CNI und EZLN den sozialen Zusammenhalt von unten her neu festigen und sich „für Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit“ einsetzen, „für Respekt gegenüber der Mutter Erde“, menschenwürdiges Wohnen, faire Löhne, umfassende und kostenlose Gesundheitsversorgung; für kostenlose, qualitative und laizistische und frei zugängliche Bildung, für Selbstverwaltung und Autonomie der indigenen Bevölkerung, für Wissenschaft und Künste. [5]

Der CNI war 1996 auf Initiative der EZLN gegründet worden und ist die einzige landesweite autonome Vernetzungsstruktur der Indigenen. Seinen radikaldemokratischen Prinzipien zufolge sind alle Funktionsträger jederzeit absetzbar, wenn sie ihre Arbeit nicht zur Zufriedenheit der Basis ausführen. [6]

Fußnoten:

[1] https://amerika21.de/2017/01/167305/indigene-wahlen-mexiko

[2] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1037834.indigene-in-mexiko-stellen-praesidentschaftskandidatin-auf.html

[3] https://www.jungewelt.de/2017/01-04/027.php

[4] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1037834.indigene-in-mexiko-stellen-praesidentschaftskandidatin-auf.html

[5] https://amerika21.de/2017/01/167305/indigene-wahlen-mexiko

[6] https://www.jungewelt.de/2017/01-04/027.php