Aus Angst vor dem Verfassungsschutz? AfD distanziert sich von eigenem Jugendverband

"Islamisierung stoppen." - Großfläche des AfD-nahen Vereins "Recht und Freiheit"

Die selbsternannte „Alternative für Deutschland“ (AfD) distanziert sich von ihrer Jugendorganisation, der „Jungen Alternative“ (JA) wegen rechtsextremer Einstellungen im Jugendverband. Doch die Abgrenzung ist nur Taktiv: die Partei hat Angst vor einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz – und den damit einhergehenden Imageverlust.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Der AfD-Vorstand hat sich von Rechtsradikalen in der Parteijugend Junge Alternative (JA) distanziert. Er erklärte nach einer Telefonkonferenz, man nehme „menschenverachtende Einzeläußerungen“ von JA-Mitgliedern „mit Abscheu“ zur Kenntnis. Die JA müsse sich „unverzüglich“ von diesen Mitgliedern trennen. [1]

Distanzierung als parteipolitische Taktik

Nach Ansicht des Extremismusforschers Andreas Speit will die AfD damit verhindern, dass die Gesamtpartei unter Beobachtung gerät. Die AfD befürchte, das „gesellschaftliche mittelständische Milieu“ zu verlieren, sagte er im Deutschlandfunk. [2]

In der Partei herrscht laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa Einigkeit darüber, dass gehandelt werden müsse. Die dpa beruft sich dabei auf Angaben aus Vorstandskreisen. Unterschiedliche Auffassungen gebe es aber über die Vorgehensweise. [3]

Über eine mögliche Abschaffung der JA entscheide letztlich nicht der Bundesvorstand, erklärt ZDF-Korrespondentin Britta Buchholz aus Berlin, sondern ein Parteitag, an dem auch viele Mitglieder der Jungen Alternative teilnehmen, die gleichzeitig auch in den Landesverbänden der Partei aktiv sind. „Und das macht eine Abschaffung am Ende eher unwahrscheinlich.“ [4]

Rechter Flügel unterstützt JA

Sowohl der Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke als auch sein Kollege aus Brandenburg, Andreas Kalbitz, stellten sich hinter die Jugendorganisation. Höcke und Kalbitz sind die führenden Kräfte des rechten Flügels der AfD. [5]

Höcke forderte Respekt für „unsere jungen Mitstreiter“ ein. „Sie bewegen sich in einer weitgehend links-grün geprägten Gesellschaft und bringen dennoch den Mut auf, sich zu unserer Sache zu bekennen“, betonte der Wortführer des rechtsnationalen Parteiflügels. „Sie riskieren, so traurig es ist, ihre Karrieremöglichkeiten und manchmal gar ihre körperliche Unversehrtheit.“ [6]

Ähnlich hatte sich bereits am Montag sein Verbündeter aus Brandenburg geäußert. „Ich vertraue auf unsere JA und danke unseren jungen Mitstreitern für Ihren Einsatz“, sagte Kalbitz. In einem einstimmigen Beschluss hatte sich zuvor der Brandenburger Landesvorstand ausdrücklich zu der Jugendorganisation bekannt. „Wir stehen geschlossen zum Landesverband der Jungen Alternative in Brandenburg als unserem bewährten Jugendverband“, heißt es in dem Beschluss. Und weiter: „Jede Bestrebung, die eine Abgliederung oder Auflösung der JA Brandenburg intendiert, lehnen wir entschieden ab.“ [7]

AfD will Beobachtung durch den Verfassungsschutz verhindern

Der Zeitpunkt der Zerfallserscheinungen ist kein Zufall: Der Eklat in Baden-Württemberg kam, kurz nachdem der dortige Landesverfassungsschutz erklärt hatte, die AfD-Jugend wegen Anhaltspunkten für „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ beobachten zu wollen. Es war – nach Bremen und Niedersachsen – bereits der dritte Landesverband der Nachwuchsorganisation, der ins Visier des Geheimdienstes geriet. [8]

Zudem hatten auch immer wieder Äußerungen einiger JA-Mitglieder und die Veröffentlichung von Chat-Protokollen, in denen unter anderem NS-Verbrechen relativiert werden, den Bundesvorstand unter Zugzwang gesetzt. Denn derzeit prüft der Verfassungsschutz, ob nicht auch auch die AfD selbst ein Fall für die Behörde ist. [9]

Fußnoten:

[1] https://www.tagesschau.de/inland/afd-jungealternative-101.html

[2] https://www.deutschlandfunk.de/junge-alternative-afd-jugendorganisation-soll-thema-auf.2932.de.html?drn:news_id=950191

[3] https://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/afd-distanziert-sich-von-junger-alternative-100.html

[4] https://www.zdf.de/nachrichten/heute/afd-distanziert-sich-von-ja-abschaffung-aber-unwahrscheinlich-100.html

[5] http://taz.de/Verbindung-zur-Identitaeren-Bewegung/!5554228/

[6] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/afd-hoecke-stellt-sich-im-streit-um-afd-jugend-gegen-die-parteispitze/23686312.html?ticket=ST-2787981-yeDdZkfek3JeCOqKJULo-ap1

[7] http://taz.de/Verbindung-zur-Identitaeren-Bewegung/!5554228/

[8] https://www.abendblatt.de/politik/article215875505/Junge-Alternative-Steht-der-AfD-Nachwuchs-vor-der-Spaltung.html

[9] http://taz.de/Verbindung-zur-Identitaeren-Bewegung/!5554228/