Massiver Hackerangriff auf Politiker*innen aller Parteien – außer der AfD

Mehrere hundert Politiker*innen und andere Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens sind von einem massiven Daten Leak betroffen – mit Ausnahme von AfD-Politiker*innen. Die personenbezogen Datensätze wurden über einen Twitter-Account veröffentlicht. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sind Politiker*innen und Künstler*innen betroffen. Die Hinweise auf Täter*innenschaft im rechtsextremen Milieu häufen sich.

Von Franziska Wilke und Janin Krude

Es ist eine Attacke im ganz großen Stil: Persönliche Daten von rund 1.000 Personen aus Politik, Journalismus und Kultur sind von Unbekannten im Internet veröffentlicht worden. In fast allen Fällen wurden private E-Mail-Adressen und Handynummern publik gemacht; bei vielen Betroffenen auch Bankdaten, Wohnadressen und Kopien von Ausweisdokumenten. [1]

Betroffen sind laut rbb alle im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD. Tatsächlich wurden nicht nur Daten von Politikern und Parteien veröffentlicht, sondern auch von Bands, Moderatoren und Journalisten. Zu den Opfern zählen neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Beispiel auch K.I.Z. und Jan Böhmermann. [2]

Es gibt zudem Hinweise auf Verbindungen in die rechte Szene. Der Twitter-Account, über den das Material veröffentlicht wurde und der inzwischen gesperrt ist, folgte rechtsextremen Accounts und beteiligte sich an rechtsradikalen Diskussionen. [3] Mehr dazu hier.

Justizministerin Katarina Barley sprach von einem „schwerwiegenden Angriff“. „Die Urheber wollen Vertrauen in unsere Demokratie und ihre Institutionen beschädigen“, sagte die SPD-Politikerin. Die Täter müssten rasch ermittelt und ihre möglicherweise politischen Motive aufgeklärt werden. „Kriminelle und ihre Hintermänner dürfen keine Debatten in unserem Land bestimmen“, so Barley. [4]

Von dem massiven Hackerangriff auf Politiker sind auch mehrere Bundes- und Landtagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern betroffen. In den meisten Fällen veröffentlichten die bisher unbekannten Hacker Büro- und Handynummern. Von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) waren zwischenzeitlich zwei Nummern online, dazu auch nicht mehr aktuelle Telefonverbindungen aus ihrer Ministeriumszeit in Berlin. Auch von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) war eine Handy-Nummer einzusehen. Mobilfunkverbindungen wurden auch von mehreren Bundestags- und Landtagsabgeordneten der CDU, der SPD und Linken veröffentlicht, beispielsweise vom CDU-Haushaltsexperten Eckhardt Rehberg. [5]

Bei den Linken im Land hat es Landtagsmitglied Peter Ritter am schlimmsten getroffen. Gehackt sind Adresse, Handy- und Festnetznummer, Email-Kontaktliste und Adressbuch. „Das nervt“, sagt Ritter. Vor kurzem waren alle seine Internet-Zugänge gekapert und manipuliert worden. Mit Handynummern betroffen sind auch die Linken-Landtagsmitglieder Torsten Koplin, Jeannine Rösler und Wolfgang Weiß, auch Dietmar Bartsch und Heidrun Bluhm aus dem Bundestag. Für Linken-Landeschefin Wenke Brüdgam ist der Hackerangriff „eine Kampfansage gegen die demokratischen Parteien“. [6]

Wer für den Angriff verantwortlich ist, war am Freitag noch völlig unklar. Die Bundesregierung wusste auch noch nicht, ob die Daten durch einen Hackerangriff abgefischt wurden. Auf welche Art und Weise die Daten abgeflossen seien, „lässt sich noch nicht mit Sicherheit feststellen“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Die Sicherheitsbehörden hätten festgestellt, dass es sich sowohl um „relativ aktuelle als auch um ältere Datenpakete handelt“. [7]

Die Daten stammen nach Experteneinschätzung nicht aus einer einzigen Quelle. Es sei ein Potpourri an Material aus verschiedenen Hacks, sagte der renommierte Karlsruher IT-Sicherheitsexperte Christoph Fischer der Nachrichtenagentur dpa. „Da hat jemand offenbar mit viel Fleißarbeit versucht, Mail-Accounts zu öffnen“, so Fischer. Die erste Vermutung, dass ein zentraler Mail-Server des Bundestags geknackt wurde, habe sich nicht bestätigt. „Da steckt eindeutig Fleißarbeit hinter.“ [8]

Verbreitet wurden die Links zu den Leaks über Twitter schon seit Dezember in einer Art Adventskalender. Aufmerksamkeit erregten sie jedoch erst am Donnerstagabend. Auf dem Account wurden seit Sommer 2017 immer wieder persönliche Daten von mehr oder minder prominenten Personen veröffentlicht. Er hatte angeblich mehr als 16.000 Follower. Der Account gehört zu einer Internet-Plattform, deren Betreiber sich in Hamburg befinden soll. Inzwischen ist das Twitter-Konto gelöscht. [9]

Fußnoten:

[1] http://www.taz.de/Politiker-Daten-im-Netz-veroeffentlicht/!5559344/

[2] https://www.chip.de/news/Hackerangriff-auf-Hunderte-Politiker-Experte-erklaert-wie-Daten-gestohlen-wurden_156809189.html

[3] https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2019-01/hackerangriff-politiker-bundestag-daten-leak-liveblog

[4] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/hackerangriff-alarmiert-deutsche-politik-a-1246407.html

[5] https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Hackerattacken-auch-gegen-Politiker-aus-MV,hackerangriff142.html

[6] http://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Schwesig-Bartsch-Marteria-Diese-Promis-aus-MV-vom-Hackerangriff-betroffen

[7] https://www.tagesspiegel.de/politik/daten-deutscher-politiker-veroeffentlicht-was-ueber-den-datenklau-bekannt-ist/23827140.html

[8] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_85031656/alle-details-die-wichtigsten-antworten-zum-hackerangriff-.html

[9] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/01/hacker-angriff-daten-dokumente-politiker-kuenstler-youtuber-twitter.html