Verfassungsschutz will AfD beobachten: „Rechtsextreme in der Partei inzwischen prägend“

So langsam dämmert es auch den hiesigen Verfassungsschützer:innen, dass die AfD keine „normale bürgerliche Partei“ ist. In Kürze wird über eine Beobachtung der gesamten Partei durch den Verfassungsschutz entschieden – ob das bei im Kampf gegen die menschenverachtende Propaganda hilft, ist fraglich.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Der Verfassungsschutz wird offenbar noch im Januar über eine Beobachtung der gesamten AfD entscheiden. Das melden mehrere Medien, darunter die Tagesschau. Der Leiter des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Körner, sagte der „Welt“, derzeit gebe es dazu eine intensive Abstimmung innerhalb des Verfassungsschutzverbundes. Sollte es zu einer Beobachtung kommen, müsse geklärt werden, ob die Partei als Verdachtsfall oder als gesichert extremistische Organisation behandelt werde. Vor zwei Jahren war die AfD zunächst zum Prüffall erklärt worden. [1]

Der Geheimdienst halte Rechtsextreme in der Partei inzwischen für derart prägend, dass eine Beobachtung der Gesamtpartei gerechtfertigt sei.Der Geheimdienst hält Rechtsextreme in der Partei inzwischen für derart prägend, dass eine Beobachtung der Gesamtpartei gerechtfertigt sei. Gegen die AfD können dann auch nachrichtendienstliche Mittel wie Telefonüberwachung oder V-Leute eingesetzt werden. [2]

Viel spricht dafür, dass der Einfluss des extremen oder „völkisch“ genannten Lagers in der AfD aus Sicht der Verfassungsschützer in den letzten zwei Jahren gewachsen ist. So hatte das BfV den „Flügel“, der dieses Lager repräsentiert, schon im März 2020 vom Verdachtsfall zu einer „erwiesenen extremistischen Bestrebung“ hochgestuft. [3]

Die offizielle Auflösung des „Flügels“ im April 2020, der von dem derzeit aus der AfD ausgeschlossenen Brandenburger Rechtsextremisten Andreas Kalbitz und dem Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke geführt wurde, sieht der Verfassungsschutz den Berichten zufolge als Täuschungsmanöver an, da die Personen immer noch in der AfD aktiv seien und Strukturen weiter bestünden. [4]

Die Entscheidung trifft die Partei im begonnenen Superwahljahr hart. Innerhalb der AfD wird seit Langem diskutiert, wie damit umzugehen wäre, sollte Haldenwangs Amt den nächsten Schritt in der Auseinandersetzung mit der Partei einleiten. Der Bundesvorstand hatte im Frühjahr 2020 zuerst den Flügel zur Auflösung gezwungen und anschließend ihren Brandenburger Landes- und Fraktionschef Andreas Kalbitz wegen seiner Mitgliedschaft in der Neonazi-Organisation Heimattreue Deutsche Jugend aus der Partei ausgeschlossen. Auch der Abgeordnete Frank Pasemann aus Sachsen-Anhalt war für eine antisemitische Äußerung in den sozialen Medien aus der Partei geworfen worden. Seitdem streiten zwei Lager um die politische Vorherrschaft in der Partei sowie um den richtigen Umgang mit dem Verfassungsschutz. [5]

Meuthen und Co haben die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten in der Partei lange gescheut, sie haben den „Flügel“ groß und mächtig werden lassen, er ist schon lange keine Randerscheinung mehr, sondern bestimmend für die Partei. Eine Einstufung der Gesamtpartei durch den Verfassungsschutz wäre deshalb der richtige Schritt. [6]

Die Partei werde sich gegen den Verfassungsschutz „mit allen juristischen Mitteln zur Wehr setzen“, kündigte Fraktionschefin Alice Weidel im Gespräch mit dem RND bereits an. „Sollte das Bundesamt für Verfassungsschutz tatsächlich die Einstufung der Bundes-AfD als Verdachtsfall verkünden, wäre der erneute Beweis erbracht, wie parteipolitisch die Behörde unter Thomas Haldenwang agiert.“ [7]

Fußnoten:

[1] https://www.deutschlandfunk.de/partei-verfassungsschutz-entscheidet-offenbar-im-januar.1939.de.html?drn:news_id=1218218

[2] https://taz.de/Einstufung-durch-Verfassungsschutz/!5745509/

[3] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/verfassungsschutz-beobachtung-der-afd-steht-unmittelbar-bevor-17154039.html

[4] https://www.tagesschau.de/inland/afd-verfassungsschutz-169.html

[5] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-01/afd-verfassungsschutz-verdachtsfall-beobachtung-rechtsextremismus?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

[6] https://taz.de/AfD-Beobachtung-durch-Verfassungsschutz/!5745524/

[7] https://www.jungewelt.de/artikel/395069.berichte-verfassungsschutz-stuft-afd-als-verdachtsfall-ein.html