AfD-Landtagsfraktion: „Gemäßigter“ Flügel verlässt Fraktion

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Die Selbstzersetzung der AfD-Landtagsfraktion geht weiter. Nachdem vor Kurzem der ehemalige AfD-Abgeordnete Holger Arppe wegen veröffentlichten Chatprotokollen Fraktion und Partei verließ, haben sich nun vier Abgeordnete abgespalten und die Fraktion „Bürger für Mecklenburg-Vorpommern“ gebildet. Grund dafür sei die Zerstrittenheit und zunehmende Rechtslastigkeit der Fraktion.

Von Franziska Wilke und Marko Neumann

Die Landtagsfraktion der AfD in Mecklenburg-Vorpommern hat sich gespalten. Vier der 18 Abgeordneten haben am Montag eine neue Fraktion mit dem Namen „Bürger für Mecklenburg-Vorpommern” (BMV) gegründet, erklärte Fraktionsgeschäftsführer und Pressesprecher Christian Hirsch in Schwerin. Zuvor seien sie aus der AfD-Fraktion ausgetreten. [1]

Die neue BMV-Fraktion soll sich aus Matthias Manthei, dem bisherigen Parlamentarischen Geschäftsführer, Bernhard Wildt, zusammen mit Leif-Erik Holm noch Vorsitzender der Landesverbandes, Ralf Borschke und Christel Weißig zusammensetzen. Zudem sei es nicht ausgeschlossen, dass sich weitere AfD-Abgeordnete den „Bürgern für Mecklenburg-Vorpommern“ anschließen. [2]

Der Bruch war offenbar seit Wochen geplant und vorbereitet. Am Montagmittag präsentierte das Quartett dem Landtagsdirektor Armin Tebben den Abspaltungsbeschluss. Die Fraktion der AfD im Schweriner Landtag sei schon länger gespalten und zerrüttet, erklärte Wildt wenig später bei einer kurzen Pressekonferenz auf dem Alten Garten in Schwerin – vor der Kulisse des Theaters. Der Schritt sei nicht leicht gefallen, aber: „Es ist einfach nicht mehr möglich, so ohne Weiteres weiterzumachen.“ [3]

Die Gruppe habe im Bundestagswahlkampf loyal zu Fraktionschef Leif-Erik Holm gestanden, der im Wahlkreis Vorpommern-Rügen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angetreten war, sagte der Sprecher. Nun sei es Zeit, die Konsequenzen aus den politischen Differenzen über Sachfragen und den Umgang mit anderen Fraktionen zu ziehen. Auch Differenzen „im persönlichen Umgang miteinander“ hätten eine Rolle gespielt. [4]

Die Resonanz auf die Abspaltung der vier Parlamentarier von der AfD-Landtagsfraktion sei in der Partei unterschiedlich ausgefallen, sagte Borschke weiter. Es gebe Zustimmung wie Ablehnung. Alle vier – neben Wildt und Borschke handelt es sich um Christel Weißig und den bisherigen Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Matthias Manthei – hatten am Montag angekündigt, in der Partei bleiben zu wollen. Außerdem wollten sie den Landesvorstand bitten, ihre Fraktion anzuerkennen. [5]

Unterdessen sind Bernhard Wildt und Ralf Borschke (BMV) als Sprecher des AfD-Kreisverbandes Vorpommern-Rügen zurückgetreten. Wildt erklärte, er wolle aber neben Leif-Erik Holm Landessprecher der AfD bleiben. [6]

„Die Positionen am rechten Rand waren der Kitt der bisherigen Fraktion, die weder Lösungen für Probleme aufgezeigt noch Konzepte vorgelegt hat“, sagt Simone Oldenburg (DIE LINKE). „Das gilt auch für die vier Abgeordneten der neuen Fraktion. Sie haben alles mitgetragen, was an fragwürdigen Auffassungen vertreten wurde. Arppes abscheuliche Gedankenspiele waren längst bekannt, zu Webers biodeutschen Fantasien wurde geschwiegen, Verbindungen von AfD-Abgeordneten in die Nazi-Szene, zur Identitären Bewegung oder Burschenschaften wurden hingenommen.“ [7]

Thomas Krüger, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Schweriner Landtag, bezeichnete die Vorgänge als „Schmierentheater“ und „vorsätzliche Wählertäuschung“. Es zeige sich, dass es der Partei nur darum ging, „hochdotierte Sitze im Bundestag zu ergattern“ und sie deshalb Gerüchte um die Spaltung zunächst dementiert habe. „Es war lediglich eine Frage der Zeit, bis sich die zutiefst zerstrittene AfD spaltet“, sagt Simone Oldenburg, Vorsitzende der Linksfraktion. Die neue Fraktion könne bereits diese Woche zeigen, ob sie die Distanzierung von Rassisten und Menschenfeinde ernst meine. [8]

Doch auch wie es mit der verbleibenden AfD-Fraktion weitergeht, ist unklar. Der Noch-Fraktionsvorsitzende Leif-Erik Holm und Enrico Komning sind über die Landesliste in den Bundestag eingezogen. Die Fraktion muss nun einen neuen Vorsitzenden wählen. Nachrücker sind Horst Förster und der Rechtsaußen-Vertreter Jens Schneider, der in der Vergangenheit vor allem durch die Teilnahme an zahlreichen rechtsextremen Demonstrationen aufgefallen ist. [9]

Die AfD war vor einem Jahr mit einem Ergebnis von 20,8 Prozent als zweitstärkste Fraktion in den Schweriner Landtag eingezogen. Bei der Bundestagswahl erzielte sie am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern 18,6 Prozent der Stimmen. [10]

Fußnoten:

[1] http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/vier-afd-abgeordnete-gruenden-neue-fraktion-2529955309.html

[2] http://www.endstation-rechts.de/news/afd-fraktion-spaltet-sich-auf.html

[3] https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Landtags-Fraktion-der-AfD-spaltet-sich-auf,afd1284.html

[4] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-09/mecklenburg-vorpommern-afd-spaltung-neue-fraktion

[5] http://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Politik/AfD-Wildt-und-Borschke-treten-als-Kreissprecher-zurueck

[6] http://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Politik/Alte-gegen-neue-AfD-Fraktion-Es-geht-ums-Geld

[7] http://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Politik/AfD-Fraktion-im-Landtag-zerbrochen-Vier-Mitglieder-raus

[8] http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/vier-afd-abgeordnete-gruenden-neue-fraktion-2529955309.html

[9] http://www.endstation-rechts.de/news/afd-fraktion-spaltet-sich-auf.html

[10] https://www.welt.de/politik/deutschland/article169011484/Vier-AfD-Abtruennige-bilden-eigene-Fraktion-im-Nordosten.html